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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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2. Forschungsschwerpunkt "Kulturelle Grundlagen der Europäischen Einigung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0284
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Das WIN-Kolleg

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fallstudie (frank bezner): Geschichte als Antihistorie. Johann Scheckmanns
‘Historia Excidii’ und die Riesenbibel von St. Maximin
Die monographische Studie untersucht die faszinierende Rolle, die die Historisie-
rung eines spezifischen Ereignisses, der teilweisen Zerstörung des Trierer Klosters
St. Maximin im Jahre 1522 in den Paratexten einer neu entdeckten, bislang völlig
ununtersuchten, zwischen 1511 und ca. 1529 im Kloster entstandenen Riesenbibel
spielt. Dabei kann gezeigt werden, daß das Ereignis zunächst vermittels literarischer
Begleittexte zu einer Redimensionierung der Semantik des Codex fuhrt, an deren
Ende die nahezu singuläre Integration einer säkularen Historia in die Bibel steht: die
Historia Excidii des Maximiner Mönchs Johannes Scheckmann erweist sich dabei als
eine subtil mit literarischen und historiographischen Mitteln operierende Genealo-
gie der Ereignisse um die Zerstörung des Klosters, bei der der Aufweis der Komple-
xität des Ereignisses im Vordergrund steht.
TAGUNG UND BAND: Zwischen Wissen und Politik. Archäologie und Genealogie früh-
neuzeitlicher Vergangenheitskonstruktionen
Absicht des interdisziplinären Bandes ist es, geschichtswissenschaftliche, philologi-
sche, literaturwissenschaftliche, philosophiegeschichtliche und kunsthistorische
Ansätze zu verbinden, um die Komplexität frühneuzeitlicher Vergangenheitsdarstel-
lungen zum Ausdruck zu bringen. Ein detaillierter Bericht findet sich unter:
http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2006/092-06.pdf
Fazit
Mit seinem archäologisch-genealogischen Ansatz für die Untersuchung frühneuzeit-
licher Vergangenheitskonstruktionen befindet sich das Projekt im Brennpunkt neuer,
innovativer Forschungstendenzen: so ist auch für eine jüngst ausgerufene „Neue
Historiographiegeschichte“ (M. VÖLKEL) zentral, daß sie bei der Analyse apriorisch
keine der Bedingungen unberücksichtigt läßt, unter denen sich das Schreiben von
Geschichte vollzieht. Überdies ließ sich über den auf die aktuale Analyse von Texten
bezogenen Zugang des Projekts erstmals eine kopermkanische Wende konkret um-
setzen (und auch methodisch erweitern), die jüngst von literaturwissenschaftlicher
Seite im Zuge einer post-postmodernen Diskussion um das Verhältnis von Fiktiona-
lität/Narration und Geschichte/Historiographie theoretisch beschrieben wurde (A.
KABLITZ): die Einsicht, daß erzählende Texte aufgrund ihrer narrativen Darstel-
lungsmittel die oder besser: eine Wirklichkeit in ihren komplexen Zusammenhängen
zeigen bzw. entwerfen können; dabei darf auch hier — so die Konsequenz unseres
Projekts, die sich insbesondere an der oben skizzierten Fallstudien zeigt - die Bedeu-
tung nicht unterschlagen werden, die die politische Verortung, die politische Strate-
gie und Kontextualität eines Textes für die Produktion von Wirklichkeit zeitigt. Zwei
Fragen wären dabei im Anschluß zu klären: (1.) die Frage, was ein konsequent histo-
risierender Zugang an noch ungenutztem Potential für die literatur- und kultur-
wissenschaftliche Theonebildung impliziert und wie sich dabei das Verhältnis von
 
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