Verleihung des Karl-Jaspers-Preises 2019
turvermittler“. In den letzten Jahren ging er noch viel weiter. Nun standen neue
Akteure im Mittelpunkt seiner Forschung: Bäume, Wasser, der Wind, die Erde.
Seine unaufhörliche Produktivität, bei der atemberaubende Breite und De-
tailreichtum immer Hand in Hand gehen, und seine unermüdliche Arbeit für das
Journal of Transcultural Studies, dem er diesen Jaspers-Preis und all seine verblei-
benden Forschungsgelder gewidmet hat und für das er fast bis zu seinem letzten
Tag noch unermüdlich, ja müh-selig gearbeitet hat (der Artikel zum Leben der
Bäume erscheint in der nächsten Ausgabe des Journals), hat das enorme Poten-
zial der transkulturellen Perspektive für die geistes- und sozialwissenschaftliche
Forschung aufgezeigt. Sein Werk hat Diskussionen in Bereichen weit über die
Sinologie hinaus sowie in Deutschland und der Welt ausgelöst. Er ist für viele von
uns zu früh gegangen: Auf dem Weg zu neuen Zielen werden wir seine Groß-
zügigkeit, seine Offenheit, vor allem aber, seine Brillianz und Streitbarkeit sehr
vermissen.
(Barbara Mittler)
Ich darf mich hier anschließen, auch was die Anreden angeht, die ich nicht noch
einmal eigens wiederhole.
Ich habe Rudolf Wagner vor 32 Jahren kennen gelernt. Ich war damals De-
kan, der unvergessene Sinologe Günther Debon war emeritiert worden und wir
suchten einen Nachfolger. Unter den Bewerbungen ragte eine weit heraus durch
Internationalität, Interkulturalität, Reichtum und Reichweite der Perspektiven -
kurz durch das, was man später „Exzellenz“ nannte. Wir setzten Rudolf Wagner
einstimmig auf Platz 1 und hatten dann unsere liebe Not, den Vorschlag durch
Fakultät, Senat und Ministerium zu bringen, weil inzwischen von konservativer
Seite Rudolfs maoistische Vergangenheit ins Spiel gebracht wurde. Wir hatten
um Rudolf zu kämpfen und wir haben gesiegt. Wie recht hat uns alles Folgen-
de gegeben! Was für ein Gewinn für die Universität hat Wagners Berufung be-
deutet!
Aleida - für die ich hier mitsprechen darf und die gern dabei wäre - und mir
wurde Rudolf sehr schnell zu einem engen Freund und Mitstreiter in unseren ver-
schiedenen Projekten. Drei seiner vielen Eigenschaften fielen uns sofort ins Auge.
Hier hatten wir es mit einem blitzgescheiten Menschen zu tun. Blitzartig waren
seine Auffassungsgabe, seine Denkbewegungen und auch seine alle Silbenrekorde
brechende Sprechgeschwindigkeit. Wir haben nur einen einzigen Menschen ge-
troffen, der es vielleicht in puncto intellektueller Brillanz mit Rudolf Wagner auf-
nehmen konnte. Das war Niklas Luhmann. Die beiden hatten etwas gemeinsam,
was man in der Computersprache einen Hochgeschwindigkeits-Prozessor nennt.
Sie dachten mit einer unheimlichen Geschwindigkeit. Was Rudolf in einem zwei-
Minuten-Statement an Zusammenhängen und Argumenten entfalten konnte, was
atemberaubend und einfach genial.
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turvermittler“. In den letzten Jahren ging er noch viel weiter. Nun standen neue
Akteure im Mittelpunkt seiner Forschung: Bäume, Wasser, der Wind, die Erde.
Seine unaufhörliche Produktivität, bei der atemberaubende Breite und De-
tailreichtum immer Hand in Hand gehen, und seine unermüdliche Arbeit für das
Journal of Transcultural Studies, dem er diesen Jaspers-Preis und all seine verblei-
benden Forschungsgelder gewidmet hat und für das er fast bis zu seinem letzten
Tag noch unermüdlich, ja müh-selig gearbeitet hat (der Artikel zum Leben der
Bäume erscheint in der nächsten Ausgabe des Journals), hat das enorme Poten-
zial der transkulturellen Perspektive für die geistes- und sozialwissenschaftliche
Forschung aufgezeigt. Sein Werk hat Diskussionen in Bereichen weit über die
Sinologie hinaus sowie in Deutschland und der Welt ausgelöst. Er ist für viele von
uns zu früh gegangen: Auf dem Weg zu neuen Zielen werden wir seine Groß-
zügigkeit, seine Offenheit, vor allem aber, seine Brillianz und Streitbarkeit sehr
vermissen.
(Barbara Mittler)
Ich darf mich hier anschließen, auch was die Anreden angeht, die ich nicht noch
einmal eigens wiederhole.
Ich habe Rudolf Wagner vor 32 Jahren kennen gelernt. Ich war damals De-
kan, der unvergessene Sinologe Günther Debon war emeritiert worden und wir
suchten einen Nachfolger. Unter den Bewerbungen ragte eine weit heraus durch
Internationalität, Interkulturalität, Reichtum und Reichweite der Perspektiven -
kurz durch das, was man später „Exzellenz“ nannte. Wir setzten Rudolf Wagner
einstimmig auf Platz 1 und hatten dann unsere liebe Not, den Vorschlag durch
Fakultät, Senat und Ministerium zu bringen, weil inzwischen von konservativer
Seite Rudolfs maoistische Vergangenheit ins Spiel gebracht wurde. Wir hatten
um Rudolf zu kämpfen und wir haben gesiegt. Wie recht hat uns alles Folgen-
de gegeben! Was für ein Gewinn für die Universität hat Wagners Berufung be-
deutet!
Aleida - für die ich hier mitsprechen darf und die gern dabei wäre - und mir
wurde Rudolf sehr schnell zu einem engen Freund und Mitstreiter in unseren ver-
schiedenen Projekten. Drei seiner vielen Eigenschaften fielen uns sofort ins Auge.
Hier hatten wir es mit einem blitzgescheiten Menschen zu tun. Blitzartig waren
seine Auffassungsgabe, seine Denkbewegungen und auch seine alle Silbenrekorde
brechende Sprechgeschwindigkeit. Wir haben nur einen einzigen Menschen ge-
troffen, der es vielleicht in puncto intellektueller Brillanz mit Rudolf Wagner auf-
nehmen konnte. Das war Niklas Luhmann. Die beiden hatten etwas gemeinsam,
was man in der Computersprache einen Hochgeschwindigkeits-Prozessor nennt.
Sie dachten mit einer unheimlichen Geschwindigkeit. Was Rudolf in einem zwei-
Minuten-Statement an Zusammenhängen und Argumenten entfalten konnte, was
atemberaubend und einfach genial.
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