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Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Jahresfeier am 9. Juni 2007
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Wolgast, Eike: Pax optima rerum: Theorie und Praxis des Friedensschlusses in der Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0028
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9. Juni 2007 | 41

Frieden hat noch 150 Jahre später Kant prägnant formuliert: „Daß mit dem Frie-
densschlüsse auch die Amnestie verbunden sei, liegt schon im Begriffe desselben.“1"
Ein Friedensvertrag ohne Amnestie war mithin für Kant undenkbar.
Zur Amnestie gehörte 1648 die Restitution. Alle kriegsbeteiligten Personen,
gleichgültig ob Reichsfürst oder einzelner Untertan, wurden wieder in ihre Rechte
und Besitzungen, ihre Würden, ihr Ansehen (reputatio) und ihre Privilegien einge-
setzt. Streitigkeiten darüber sollten durch Rechtsaustrag geklärt werden, durften
allerdings eine vorgängige Restitution nicht behindern; außerdem durfte der Appell
an die Gerichte die Amnestie nicht in ihrem Wert einschränken. Der Restituierte
konnte jedoch keine Entschädigung für Einkünfte und Abgaben beanspruchen, die
ihm in der Zeit der Entfremdung entgangen waren — auch dies ein Beitrag zur Frie-
densstiftung auf Basis der quaestio facti statt der quaestio iuris. Die Restitution
bedeutete für die Obrigkeiten, daß sie gezwungen sein konnten, eigene Untertanen,
die militärische oder politische Opposition gegen sie betrieben hatten, wieder auf-
zunehmen. Der Kaiser setzte allerdings für Böhmen die sog. Erblandeklausel durch
(IPO IV § 52—55): Als Stichjahr für eine Besitzrestitution wurde 1630, der Beginn
des Krieges mit Schweden, gewählt. Zwar durften alle Flüchtlinge zurückkehren,
mußten sich aber den Landesgesetzen unterwerfen, was bedeutete, daß sie die Erneu-
erte Landesordnung von 1627 zu akzeptieren hatten, durch die Böhmen aus einem
Ständestaat zu einem zentralistisch von der Krone regierten Bestandteil der Gesamt-
monarchie geworden war.
Zwischen den Optionen restitutio in integrum und Status uti possidetis (bei
Vertragsabschluß) schlug der Westfalische Frieden mit der Einführung eines Nor-
maljahrs einen Mittelweg ein. Politisch und materiell galt als sog. Normaljahr 1618
(also eine restitutio in integrum, außer für die Kurpfalz und Böhmen), für die kon-
fessionellen Zustände und den Besitz des Kirchengutes dagegen der 1. Januar 1624.
Damit erlosch zugleich das seit 1555 geltende ius reformandi der landesfürstlichen
Obrigkeit. In einem Rückgriff aufVorbehalte des Reformationsjahrhunderts wurde
gleichwohl auch jetzt noch daran festgehalten, daß das kirchliche Normaljahr nur bis
zur Wiederherstellung der Religionseinheit gelten sollte.
Zur Restitution gehörte im weiteren Sinne die Freilassung der militärischen
und zivilen Gefangenen, die nach Übereinkunft der Heerführer erfolgen sollte (IPO
XVI § 7). Über em Lösegeld ist nichts gesagt. Allerdings waren damals und noch
lange Zeit später Kriegsgefangene nicht Staats-, sondern Privatgefangene dessen, der
sie ergriffen hatte. Häufig wurden Gefangene bald nach ihrer Ergreifung gegen
Lösegeld (ran^on) freigelassen — es gab regelrechte Preislisten je nach Rang und
Bedeutung, die in bilateralen Kartellverträgen zwischen Kriegsbeteiligten vereinbart
wurden, so zwischen Frankreich und Spanien 1639,1643 und 1648 sowie noch 1780
zwischen Frankreich und Großbritannien.11

111 Metaphysik der Sitten (1797) § 58 (A 225/B 255).
11 Vgl. Franz Scheidt, Die Kriegsgefangenschaft von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, Berlin
1943; Heinz Duchhardt, Krieg und Frieden im Zeitalter Ludwigs XIV. (= Historisches Seminar
Bd. 4), Düsseldorf 1987, 24-28. 46-52 (Vertrag zwischen Frankreich und Niederlanden 1690).
 
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