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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Jahresfeier am 9. Juni 2007
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Wolgast, Eike: Pax optima rerum: Theorie und Praxis des Friedensschlusses in der Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0033
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46 | JAHRESFEIER

trag. Für alle Verträge diente als formales Muster der Text von 1648, der auch aus-
drücklich als „solidissimum fundamentum huius mutuae amicitiae tranquillitatisque
publicae“ (Nimwegen 1679, Art. 2) bestätigt wurde. Schon bei der Vorbereitung
des Kongresses von Nimwegen hatte der Kaiser seine Gesandten angewiesen, für
Zeremoniell, Titulaturen, Visiten u. a. „die Richtschnur nach denen Münster- und
Osnabrückischen Friedenstraktaten zu nehmen“.20 Die Formulierung „utrinque
perpetua oblivio et amnestia“ ging aus dem Frieden von 1648 in den von Nim-
wegen 1679 über, ebenso die Friedensmotivierung: Vergießung christlichen Blutes
und Verwüstung vieler Landstriche. Beides wurde seither bis zum Ende des 18. Jahr-
hunderts zum festen Vertragsbestandteil. Zwar unterlagen die Beschreibungen der
Tatbestände und der Erstreckungsbereiche von Amnestie und Oblivion semantischer
Verknappung und Vereinfachung, die Substanz von 1648 blieb jedoch immer erhal-
ten. Als neues Element wurde in die Verträge zur Beendigung des Spanischen Erb-
folgekrieges 1713/14 das fürstliche Ehrenwort aufgenommen. Ludwig XIV gab zur
Bekräftigung der Anerkennung der britischen Thronfolgeregelung sein Ehrenwort
(„promet en foi et Parole de Roi“) (Art. 4; vgl. auch Frankreich — Preußen Art. 10);
auch der Kaiser verpfändete „sa parole“ für die Einhaltung der Abmachungen. Tra-
ditionsstiftend hat diese Formel gleichwohl nicht gewirkt.
Abtretungen und Rückerstattungen machten vermehrt konfessionelle Schutz-
regelungen erforderlich. So erfolgten gemäß dem Nimwegener Frieden zwischen
Frankreich und den Niederlanden alle Restitutionen unabhängig vom Bekenntnis
der Betroffenen (Art.5). Insbesondere aber gewann die sog. Rijswijker Klausel von
1697 (Art. 4) Berühmtheit. Auf Betreiben des katholischen Landesherrn der weit
überwiegend reformierten Kurpfalz sollte in den restituierten pfälzischen Gebieten
die katholische Religion „in statu, quo nunc est“, verbleiben, nachdem die französi-
sche Besatzungsmacht eine umfassende Rekatholisierungspolitik betrieben hatte.
Die Rijswijker Klausel verstieß gegen die Normaljahrsregelung des Westfälischen
Friedens; der Protest der evangelischen Reichsstände, die sogar ihre Unterschrift
unter den Frieden verweigerten, blieb jedoch erfolglos. Im Utrechter Vertrag von
1713 räumte England den Katholiken in den von Frankreich abgetretenen Gebie-
ten, vor allem in Kanada, die Ausübung ihrer Religion ein, allerdings mit der Klau-
sel: „soweit es die Gesetze von Großbritannien zulassen“ (Art. 12) — diese waren für
Katholiken eher restriktiv gestaltet. Gegenüber Spanien, das Gibraltar abtrat, sagte
die britische Königin „rogatu Regis Catholici“ zu, dort weder Juden noch Mauren
em Aufenthalts- oder Niederlassungsrecht zu gewähren, dagegen den Einwohnern
der Stadt den freien Gebrauch der katholischen Religion zu gestatten (Art. 10). Der
Konfessionsschutz setzte sich im Frieden von Nystad 1721 fort. In den von Schwe-
den an Rußland abgetretenen baltischen Gebieten (Livland, Estland und Insel Ösel)
sollte das evangelische Kirchen- und Schulwesen erhalten bleiben und kein Religi-
onszwang stattfinden. Allerdings durfte dort jetzt auch die orthodoxe Religion frei
und ungehindert ausgeübt werden (Art. 10).

20 Vgl. Duchhardt, Krieg (wie Anni. 11), 84.
 
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