21. Juli 2007
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„guter Gründe“. Der Vorgang ist also ganz anders als bei den Intentionen und den
guten Gründen: Das Handeln wird nicht über in der Zukunft erwartete Folgen
bestimmt, sondern über in der Vergangenheit geprägte Muster. Aber auch das lässt
sich formal (relativ) leicht über das Erklärungsschema bzw. als vervollständigter prak-
tischer rekonstruieren.
Für alle Akteure gilt: Wenn em Akteur für eine Situation S das Deutungsmuster D
gespeichert hat, wenn er glaubt, dass darin das Handeln H ange-
messen ist und wenn die Situation S tatsächlich vorliegt, dann
definiert er S nach D und handelt nach H
A hat für die Situation S das Deutungsmuster D gespeichert
A hält innerhalb von S das Handeln H für angemessen
Die Situation S ist vorhanden
A definiert S nach D und handelt nach H
Es kommt hier wieder nicht auf die Einzelheiten an, sondern nur darauf, ob sich
auch diese kulturalistische Variante der Konzeption von Sinn und Verstehen auf das
kausale Erklärungsschema beziehen lässt oder nicht. Und das ist ohne Zweifel der
Fall. Auch die Aktivierung von Deutungsmustern und Typisierungen über symboli-
sche Hinweise, die in ihrer Gesamtheit die jeweilige „Kultur“ eines Kollektivs aus-
machen, lässt sich nach den Regeln der Hempel-Oppenheim-Schemas erklären,
ebenso wie auch deren Entstehung: die Ausbildung von Erwartungsstrukturen und
symbolischen Assoziationen über Prozesse des Lernens oder sogar der „Konditionie-
rung“.
Übergreifende Kriterien?
Es gibt also - soweit jedenfalls — keinen grundsätzlichen Anlass, die ohne Zweifel
bestehenden „geisteswissenschaftlichen“ Besonderheiten der Sozialwissenschaften
anzuerkennen und in das Zentrum der Untersuchung zu stellen und gleichzeitig
kausale Erklärungen nach der Methodologie der Naturwissenschaften anzustreben
und zu liefern. Wir wollen noch einen Schritt weiter gehen und eine schon eher
normative Frage kurz streifen. Sie knüpft an die Frage an, an welchen Kriterien sich
denn - letztlich — die Bedeutung der sozial- wie der geisteswissenschaftlichen Vor-
haben bemessen lassen müssten. Die Frage stellt sich sofort, wenn man nicht allein
schon eine interessante Idee für einen hinreichenden Grund ansieht oder den Sach-
verhalt, dass es zu diesem Problem bisher noch wenig gäbe. Sie kommt regelmäßig
in Sitzungen von Begutachtungsgremien auf, namentlich dann, wenn Geistes-,
Sozial- und Naturwissenschaftler aufeinander treffen. Professionalität, Virtuosität
oder Validität und Sachgerechtigkeit werden vorausgesetzt. Darum geht es nicht.
Aber was bestimmt die „Relevanz“? Politische Dringlichkeiten und der öffentliche
Aufmerksamkeitswert sind es (hoffentlich) sicherlich nicht und auch nicht die bloße
Neuigkeit eines Problems. Was aber dann? Jede Antwort ist natürlich eine Setzung,
die nicht letztlich zu begründen ist. Aber wenn die spezifische gesellschaftliche Funk-
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„guter Gründe“. Der Vorgang ist also ganz anders als bei den Intentionen und den
guten Gründen: Das Handeln wird nicht über in der Zukunft erwartete Folgen
bestimmt, sondern über in der Vergangenheit geprägte Muster. Aber auch das lässt
sich formal (relativ) leicht über das Erklärungsschema bzw. als vervollständigter prak-
tischer rekonstruieren.
Für alle Akteure gilt: Wenn em Akteur für eine Situation S das Deutungsmuster D
gespeichert hat, wenn er glaubt, dass darin das Handeln H ange-
messen ist und wenn die Situation S tatsächlich vorliegt, dann
definiert er S nach D und handelt nach H
A hat für die Situation S das Deutungsmuster D gespeichert
A hält innerhalb von S das Handeln H für angemessen
Die Situation S ist vorhanden
A definiert S nach D und handelt nach H
Es kommt hier wieder nicht auf die Einzelheiten an, sondern nur darauf, ob sich
auch diese kulturalistische Variante der Konzeption von Sinn und Verstehen auf das
kausale Erklärungsschema beziehen lässt oder nicht. Und das ist ohne Zweifel der
Fall. Auch die Aktivierung von Deutungsmustern und Typisierungen über symboli-
sche Hinweise, die in ihrer Gesamtheit die jeweilige „Kultur“ eines Kollektivs aus-
machen, lässt sich nach den Regeln der Hempel-Oppenheim-Schemas erklären,
ebenso wie auch deren Entstehung: die Ausbildung von Erwartungsstrukturen und
symbolischen Assoziationen über Prozesse des Lernens oder sogar der „Konditionie-
rung“.
Übergreifende Kriterien?
Es gibt also - soweit jedenfalls — keinen grundsätzlichen Anlass, die ohne Zweifel
bestehenden „geisteswissenschaftlichen“ Besonderheiten der Sozialwissenschaften
anzuerkennen und in das Zentrum der Untersuchung zu stellen und gleichzeitig
kausale Erklärungen nach der Methodologie der Naturwissenschaften anzustreben
und zu liefern. Wir wollen noch einen Schritt weiter gehen und eine schon eher
normative Frage kurz streifen. Sie knüpft an die Frage an, an welchen Kriterien sich
denn - letztlich — die Bedeutung der sozial- wie der geisteswissenschaftlichen Vor-
haben bemessen lassen müssten. Die Frage stellt sich sofort, wenn man nicht allein
schon eine interessante Idee für einen hinreichenden Grund ansieht oder den Sach-
verhalt, dass es zu diesem Problem bisher noch wenig gäbe. Sie kommt regelmäßig
in Sitzungen von Begutachtungsgremien auf, namentlich dann, wenn Geistes-,
Sozial- und Naturwissenschaftler aufeinander treffen. Professionalität, Virtuosität
oder Validität und Sachgerechtigkeit werden vorausgesetzt. Darum geht es nicht.
Aber was bestimmt die „Relevanz“? Politische Dringlichkeiten und der öffentliche
Aufmerksamkeitswert sind es (hoffentlich) sicherlich nicht und auch nicht die bloße
Neuigkeit eines Problems. Was aber dann? Jede Antwort ist natürlich eine Setzung,
die nicht letztlich zu begründen ist. Aber wenn die spezifische gesellschaftliche Funk-