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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2007 — 2007

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I. Das Geschäftsjahr 2007
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Antrittsreden
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Keimer, Bernhard: Antrittsrede vom 27. Januar 2007
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https://doi.org/10.11588/diglit.66959#0124
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Bernhard Keitner

137

Denn wenige Zeit später erhielt ich Zusagen von mehrere amerikanischen
Universitäten für Doktorandenstellen mit Vollstipendien, obwohl ich in München
gerade erst das Vordiplom absolviert hatte. Das wäre ohne die Unterstützung von
Herrn Mössbauer undenkbar gewesen. Ich entschied mich für das Massachusetts
Institute of Technology, und dort für Robert Birgeneau als Doktorvater — einen
Wissenschaftler, der sich nicht nur durch unbändige Energie und Enthusiasmus für
die Physik, sondern auch durch großes politisches Geschick auszeichnete. Letzteres
hat ihm zu seiner jetzigen Stellung als Präsident der Universität von Kalifornien in
Berkeley verholfen.
Ich aber profitierte damals in erster Lime von Bob Birgeneaus wissenschaftli-
chem Können. Ich hatte das große Glück, dass im Jahre 1986, kurz nachdem ich meine
Doktorandentätigkeit begonnen hatte, eine Sensation geschah, die in der Physik fast
ohne Beispiel war — die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung. Als Supralei-
tung bezeichnet man die Fähigkeit mancher Metalle, elektrische Ströme unterhalb
einer sogenannten kritischen Temperatur ohne jeglichen Widerstand zu leiten. Dieses
Phänomen war im Jahre 1911 entdeckt worden, aber die kritische Temperatur lag nur
wenige Grad Kelvin über dem absoluten Nullpunkt. Die Supraleitung war damit wis-
senschaftlich nur schwer zu untersuchen und technologisch fast irrelevant.
Die Bemühungen viele Physiker, Supraleitung bei höheren Temperaturen zu
erzeugen, waren über viele Jahrzehnte hinweg kaum erfolgreich. Im Jahre 1986 lag
die maximale kritische Temperatur nur knapp über 20 Kelvin. Plötzlich jedoch gab
es Materialien mit einer fünffach höheren kritischen Temperatur! Ein ungeahntes
wissenschaftliches und technologisches Potential tat sich auf.
Mit war es vergönnt, als junger Doktorand zusammen mit Bob Birgeneau
gleich an der vordersten Front dieses neuen Forschungsfeldes arbeiten zu dürfen.
Zusammen mit Arbeiten anderer Forscher stellten unsere Experimente heraus, dass
der Magnetismus, der in herkömmlichen Materialien die Supraleitung behindert
oder gar zerstört, diese in den neuen Hochtemperatursupraleitern stark begünstigt.
Dass dies so ist, ist heute fast allgemein akzeptiert. Wie genau das Wechselspiel zwi-
schen Magnetismus und Supraleitung aber funktioniert, daran forschen wir heute
immer noch. Unsere damaligen Erkenntnisse wurden aber als wichtig genug ange-
sehen, dass ich noch vor Abschluss meiner Doktorarbeit einen Ruf auf eine Assi-
stenzprofessur an der Princeton University erhielt. Ich nahm das Angebot umgehend
an, schob den Stellenantritt aber noch um ein Jahr hinaus, um mir einen Arbeitsplan
zurechtzulegen.
Zur amerikanischen Assistenzprofessur gibt es in Deutschland kein Gegen-
stück. Als damals 28-jähriger bekam ich em nicht unerhebliches Startkapital — eini-
ge hunderttausend Dollar — verbunden mit dem Auftrag, mir innerhalb von sechs
Jahren einen internationalen Namen zu machen. Wenn mir das gelänge, würde ich
befördert, andernfalls müsse ich gehen. In den folgenden Jahren habe ich wissen-
schaftlich hart gearbeitet und von meinen Princetoner Kollegen viel gelernt, insbe-
sondere von dem theoretischen Physiker und Nobelpreisträger Phil Anderson. Nach
fünf Jahren wurde ich zum Associate Professor und nach einem weiteren Jahr zum
Full Professor befördert.
 
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