Michael Welker
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rung auf die Alternative „präsentische oder futurische Eschatologie“ überwinden,
die die Diskussionen der letzten 40 Jahre beherrscht hat (4). In der Anthropologie
versuchen wir die paulimsche Unterscheidung von Fleisch und Leib, sarx und soma,
aber auch die Differenzierungen zwischen dem weiten Feld des Mentalen und den
Phänomenen, die die Tradition mit „Seele“ und „Geist“ zu erfassen suchte, wieder
zum Tragen zu bringen (5). In der Ekklesiologie haben mich die Interdependenzen
von gesellschaftlichen Organisationsformen und zivilgesellschaftlichen Assoziationen
im strukturiert-pluralistischen Machtkreislauf beschäftigt, die wir im Gespräch mit
Gesellschaftstheoretikern und Ökumenikern zu erkunden suchen (6). In der Sakra-
mentstheologie konnten wir rote Fäden in den Dialogen über das Abendmahl zwi-
schen den Kirchen auf Weltebene in den letzten 30 Jahren freilegen (7). Auch zur
Schrifthermeneutik, zur Trinitätstheologie und zum Zusammenhang von Gottesbil-
dern und kulturellen und ethischen Orientierungen haben wir fruchtbare interna-
tionale Projekte entwickelt.
Meine Arbeit an den klassischen Themen der theologischen Dogmatik mit
neuen begrifflichen Mitteln und im interdisziplinären Gespräch ist teils gefördert,
teils unterbrochen und aufgehalten worden durch forschungsorganisatorische Auf-
gaben und Verpflichtungen. 1996 veranlasste mich Altrektor Ulmer, die Leitung des
Internationalen Wissenschaftsforums Heidelberg (IWH) zu übernehmen; Altrektor
Siebke verlängerte meine Amtszeit bis 2006. In Princeton, Chicago, Berkeley und
Cambridge/UK haben wir in den letzten zwei Jahrzehnten interessante, über meh-
rere Jahre laufende internationale und interdisziplinäre Forschungsprojekte ent-
wickelt und mit Publikationen abgeschlossen. Vor zwei Jahren gründeten wir das
Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie Heidelberg
(FIIT) mit inzwischen 10 Abteilungen, in dem wir unter anderem aus den Erfah-
rungen der uns zum Teil überlegenen anglo-amerikanischen Forschungsorganisation
zu lernen suchen.
Zur Zeit entwickeln wir em „Global Network of Research Centers for
Theology, Religious and Christian Studies“ mit etwa 30 Standorten weltweit, zwi-
schen denen wir den kurzzeitigen Austausch von Doktoranden und Postdocs
erleichtern und die kollegiale Kooperation in Form von Kompaktseminaren flexibi-
lisieren wollen. In meiner Heidelberger Zeit habe ich bis jetzt etwa 50 Doktoranden
und Doktorandinnen aus 15 Ländern betreut. Unsere wichtigsten internationalen
Kooperationspartner in der evangelischen Theologie lehren an Hochschulen in
Nordamerika, UK, in Skandinavien und Südafrika. Asien und Mittel-/Osteuropa
sind bisher primär Empfänger unseres Bildungsexports, wobei sich die in den letz-
ten Jahren intensivierten Verbindungen zu Kollegen aus Hongkong und der Volks-
republik China schon bald in wechselseitige Lernverhältnisse umgestalten könnten.
Wir haben gerade em mehrschrittiges Forschungsprojekt mit Kollegen der wichtig-
sten Universitäten Chinas auf den Weg gebracht: „Gesetz und Liebe: Grundbegriffe
in konfuzianischen bzw. neo-konfuzianischen und jüdisch-christlichen Überliefe-
rungen“. In den kommenden Jahren möchte ich allerdings meine Aktivitäten im
Ausland und in der Forschungsorganisation einschränken und intensiver an einigen
Buchprojekten arbeiten, zu denen Entwürfe und Teilmanuskripte vorliegen. Ich
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rung auf die Alternative „präsentische oder futurische Eschatologie“ überwinden,
die die Diskussionen der letzten 40 Jahre beherrscht hat (4). In der Anthropologie
versuchen wir die paulimsche Unterscheidung von Fleisch und Leib, sarx und soma,
aber auch die Differenzierungen zwischen dem weiten Feld des Mentalen und den
Phänomenen, die die Tradition mit „Seele“ und „Geist“ zu erfassen suchte, wieder
zum Tragen zu bringen (5). In der Ekklesiologie haben mich die Interdependenzen
von gesellschaftlichen Organisationsformen und zivilgesellschaftlichen Assoziationen
im strukturiert-pluralistischen Machtkreislauf beschäftigt, die wir im Gespräch mit
Gesellschaftstheoretikern und Ökumenikern zu erkunden suchen (6). In der Sakra-
mentstheologie konnten wir rote Fäden in den Dialogen über das Abendmahl zwi-
schen den Kirchen auf Weltebene in den letzten 30 Jahren freilegen (7). Auch zur
Schrifthermeneutik, zur Trinitätstheologie und zum Zusammenhang von Gottesbil-
dern und kulturellen und ethischen Orientierungen haben wir fruchtbare interna-
tionale Projekte entwickelt.
Meine Arbeit an den klassischen Themen der theologischen Dogmatik mit
neuen begrifflichen Mitteln und im interdisziplinären Gespräch ist teils gefördert,
teils unterbrochen und aufgehalten worden durch forschungsorganisatorische Auf-
gaben und Verpflichtungen. 1996 veranlasste mich Altrektor Ulmer, die Leitung des
Internationalen Wissenschaftsforums Heidelberg (IWH) zu übernehmen; Altrektor
Siebke verlängerte meine Amtszeit bis 2006. In Princeton, Chicago, Berkeley und
Cambridge/UK haben wir in den letzten zwei Jahrzehnten interessante, über meh-
rere Jahre laufende internationale und interdisziplinäre Forschungsprojekte ent-
wickelt und mit Publikationen abgeschlossen. Vor zwei Jahren gründeten wir das
Forschungszentrum Internationale und Interdisziplinäre Theologie Heidelberg
(FIIT) mit inzwischen 10 Abteilungen, in dem wir unter anderem aus den Erfah-
rungen der uns zum Teil überlegenen anglo-amerikanischen Forschungsorganisation
zu lernen suchen.
Zur Zeit entwickeln wir em „Global Network of Research Centers for
Theology, Religious and Christian Studies“ mit etwa 30 Standorten weltweit, zwi-
schen denen wir den kurzzeitigen Austausch von Doktoranden und Postdocs
erleichtern und die kollegiale Kooperation in Form von Kompaktseminaren flexibi-
lisieren wollen. In meiner Heidelberger Zeit habe ich bis jetzt etwa 50 Doktoranden
und Doktorandinnen aus 15 Ländern betreut. Unsere wichtigsten internationalen
Kooperationspartner in der evangelischen Theologie lehren an Hochschulen in
Nordamerika, UK, in Skandinavien und Südafrika. Asien und Mittel-/Osteuropa
sind bisher primär Empfänger unseres Bildungsexports, wobei sich die in den letz-
ten Jahren intensivierten Verbindungen zu Kollegen aus Hongkong und der Volks-
republik China schon bald in wechselseitige Lernverhältnisse umgestalten könnten.
Wir haben gerade em mehrschrittiges Forschungsprojekt mit Kollegen der wichtig-
sten Universitäten Chinas auf den Weg gebracht: „Gesetz und Liebe: Grundbegriffe
in konfuzianischen bzw. neo-konfuzianischen und jüdisch-christlichen Überliefe-
rungen“. In den kommenden Jahren möchte ich allerdings meine Aktivitäten im
Ausland und in der Forschungsorganisation einschränken und intensiver an einigen
Buchprojekten arbeiten, zu denen Entwürfe und Teilmanuskripte vorliegen. Ich