294 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Zentraler Gegenstand unseres Projekts war daher em doppelter Blick auf die
Frage nach den Kulturellen Grundlagen Europas. So sollten (1.) einschlägige europäi-
sche Vergangenheitskonstruktionen untersucht werden: aus Gründen der Wissen-
schaftlichkeit und Durchführbarkeit des Projekts lag der Fokus dabei auf Texten der
Frühen Neuzeit, einer für die Konstruktion der Moderne zentralen, zwischen Alter-
ität und Fundierung oszillierenden „Achsenzeit“; zusätzlich sollte die Untersuchung
gerade nicht bruchlos auf vertraute Ansätze der Forschung (etwa auf das Konzept des
„Gedächtnisses“) rekurrieren, sondern einen neuen Ansatz zur Erforschung Europäi-
scher Vergangenheitsdarstellungen und historiograpbischer Diskurse entwickeln, der
nun seinerseits methodische Konsequenzen aus der Skepsis bezüglich ungebroche-
ner Identitätspostulate, Sinnstiftung oder Fundierungslogiken zog. Daneben sollte
(2.) gefragt werden, welche Konsequenzen die Problematisierung kultureller Grund-
lagen Europas für die Konzeption „Europas“ und einer Europäischen Identität mit
sich bringt.
Die folgende Zusammenfassung versteht sich als erster Teil einer summarischen
Abschlußanzeige und konzentriert sich auf die Aktivitäten und Ergebnisse zum
Thema frühneuzeitliche Vergangenheitskonstruktionen. Ein zweiter Teil wird dar-
stellen, welche Aktivitäten und Ergebnisse der veränderte Blickwinkel des Projekts
für die Frage nach der kulturellen Konstruktion Europas zeitigte.
Der Ansatz des Projekts
Anders als von literaturwissenschaftlicher Seite erwogen, ließ sich, so das Ergebnis
eines Workshops, der Begriff des .historischen Imaginären’ nicht für einen kritischen
Blick funktionalisieren: zu sehr schien er durch bestehende Ansätze und Theoriefi-
guren (Lacan, Castoriadis, Iser) geprägt und dies gilt auch für die zunehmend betrie-
bene Suche nach einem .politischen Imaginären’, die auf die ästhetisch-literarische
Dynamik des Politischen zielt und damit die für das Projekt zentrale Frage nach der
Rolle symbolischer Diskurse für das politische Feld ausschließt. Weit fruchtbarer
schien es, einen literaturwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlich-kontextuali-
sierenden Blick zu verbinden und Vergangenheitsdarstellungen programmatisch als
Konstruktionen zu verstehen, die es in doppelter Weise auf die sie konstituierenden
Faktoren zu untersuchen galt:
— in bezug auf epistemische, diskursive und VerfertigungsbedingungendWie funktionieren
Vergangenheitskonstruktionen gedanklich? Welche Rationalitäten, diskursiven
und literarischen Strategien wirken in ihnen? Welche Darstellungskonflikte und
inneren Widersprüche bestimmen sie? Wie wird über sie reflektiert? Welchen
systematischen Logiken folgt die Reflexion? Was blendet sie aus? Welche Kon-
texte besitzt sie? In welchem Verhältnis stehen sie zu anderen zeitgenössischen
Wissensformen und Diskursen? Wie werden Vergangenheitskonstruktionen
‘gemacht’, produziert? Welche medialen Logiken wirken in ihnen? Welche Ver-
fertigungsstrategien und -techmken, welche Lese-, Schreib- und Exzerpierpraxis
prägen und konstituieren sie? In welchen intertextueilen Räumen werden sie
konstruiert?
Zentraler Gegenstand unseres Projekts war daher em doppelter Blick auf die
Frage nach den Kulturellen Grundlagen Europas. So sollten (1.) einschlägige europäi-
sche Vergangenheitskonstruktionen untersucht werden: aus Gründen der Wissen-
schaftlichkeit und Durchführbarkeit des Projekts lag der Fokus dabei auf Texten der
Frühen Neuzeit, einer für die Konstruktion der Moderne zentralen, zwischen Alter-
ität und Fundierung oszillierenden „Achsenzeit“; zusätzlich sollte die Untersuchung
gerade nicht bruchlos auf vertraute Ansätze der Forschung (etwa auf das Konzept des
„Gedächtnisses“) rekurrieren, sondern einen neuen Ansatz zur Erforschung Europäi-
scher Vergangenheitsdarstellungen und historiograpbischer Diskurse entwickeln, der
nun seinerseits methodische Konsequenzen aus der Skepsis bezüglich ungebroche-
ner Identitätspostulate, Sinnstiftung oder Fundierungslogiken zog. Daneben sollte
(2.) gefragt werden, welche Konsequenzen die Problematisierung kultureller Grund-
lagen Europas für die Konzeption „Europas“ und einer Europäischen Identität mit
sich bringt.
Die folgende Zusammenfassung versteht sich als erster Teil einer summarischen
Abschlußanzeige und konzentriert sich auf die Aktivitäten und Ergebnisse zum
Thema frühneuzeitliche Vergangenheitskonstruktionen. Ein zweiter Teil wird dar-
stellen, welche Aktivitäten und Ergebnisse der veränderte Blickwinkel des Projekts
für die Frage nach der kulturellen Konstruktion Europas zeitigte.
Der Ansatz des Projekts
Anders als von literaturwissenschaftlicher Seite erwogen, ließ sich, so das Ergebnis
eines Workshops, der Begriff des .historischen Imaginären’ nicht für einen kritischen
Blick funktionalisieren: zu sehr schien er durch bestehende Ansätze und Theoriefi-
guren (Lacan, Castoriadis, Iser) geprägt und dies gilt auch für die zunehmend betrie-
bene Suche nach einem .politischen Imaginären’, die auf die ästhetisch-literarische
Dynamik des Politischen zielt und damit die für das Projekt zentrale Frage nach der
Rolle symbolischer Diskurse für das politische Feld ausschließt. Weit fruchtbarer
schien es, einen literaturwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlich-kontextuali-
sierenden Blick zu verbinden und Vergangenheitsdarstellungen programmatisch als
Konstruktionen zu verstehen, die es in doppelter Weise auf die sie konstituierenden
Faktoren zu untersuchen galt:
— in bezug auf epistemische, diskursive und VerfertigungsbedingungendWie funktionieren
Vergangenheitskonstruktionen gedanklich? Welche Rationalitäten, diskursiven
und literarischen Strategien wirken in ihnen? Welche Darstellungskonflikte und
inneren Widersprüche bestimmen sie? Wie wird über sie reflektiert? Welchen
systematischen Logiken folgt die Reflexion? Was blendet sie aus? Welche Kon-
texte besitzt sie? In welchem Verhältnis stehen sie zu anderen zeitgenössischen
Wissensformen und Diskursen? Wie werden Vergangenheitskonstruktionen
‘gemacht’, produziert? Welche medialen Logiken wirken in ihnen? Welche Ver-
fertigungsstrategien und -techmken, welche Lese-, Schreib- und Exzerpierpraxis
prägen und konstituieren sie? In welchen intertextueilen Räumen werden sie
konstruiert?