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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2018
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Kapitel:
Auswärtige Sitzung mit der Universität Konstanz am 1. Dezember 2018
DOI Artikel:
Holzinger, Katharina: Wie deliberativ war die Schlichtung zu ‚Stuttgart21‘?: Sprachliche Analyse politischer Kommunikation
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0071
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Auswärtige Sitzung in Konstanz (Katharina Holzinger)

führte weder zur Befriedung der Gegner noch wurde der Schlichtungsvorschlag
umgesetzt. Erst die Volksabstimmung in Baden-Württemberg am 27. November
2011, bei der die Bürger mehrheitlich für die Fortsetzung des Projekts votierten,
führte zu einer weitgehenden Abschwächung des Konflikts.
Gegenstand des VisArgue-Projekts waren konsens-orientierte, argumentative
und partizipative Verfahren, etwa Mediationen oder Bürgerdialoge, die zur Beile-
gung von Konflikten zwischen Staat und Zivilgesellschaft zunehmend eingesetzt
werden. Die Theorie der deliberativen Demokratie geht davon aus, dass solche
„demokratischen Innovationen“ einen Beitrag zur Konfliktregelung leisten kön-
nen. Die Forschung zu diesen demokratischen Innovationen hat sich bisher aller-
dings kaum mit der deliberativen Kommunikation selbst befasst.
Was bewirkt deliberative Kommunikation und wie kann man sie in gespro-
chenen Dialogen analysieren? Es war das Ziel des VisArgue-Projekts, ein automati-
sches Messinstrument zu entwickeln, mit dem die Qualität der Deliberation erfasst
werden kann. Diese Zielsetzung implizierte drei übergeordnete Forschungsfragen,
die in einem interdisziplinären Arbeitsprogramm verfolgt wurden:
• Welche Faktoren bestimmen die deliberative Qualität von Diskursen?
• Wie können wir diese Faktoren automatisch erkennen und analysieren?
• Mit welchen visuellen Mitteln können wir Muster der deliberativen Kommuni-
kation in großen Textmengen erkennen?
Deliberative Demokratietheorie und deliberative Kommunikation
Deliberative Demokratie setzt auf inklusiven und konsens-orientierten Diskurs
anstatt auf Mehrheitsentscheidung und Repräsentation. In der Version von Ha-
bermas (1981) ist ihr Ziel die Verwirklichung des Allgemeinwohls und die Verab-
schiedung universell gültiger Regeln durch argumentative Prozesse. Der „zwang-
lose Zwang des besseren Arguments“ könne einen gesellschaftlichen Konsens
herbeiführen. Die deliberative Demokratie wird als ein theoretisches Gegenmo-
dell zur repräsentativen Demokratie aufgefasst, wobei aber davon ausgegangen
wird, dass deliberative Elemente die repräsentative Demokratie ergänzen, nicht
ersetzen.
Verschiedene Vertreter des Konzepts der Deliberation formulieren viele ver-
schiedene normative Postulate. Diese Normen beziehen sich auf Institutionen, auf
(nicht beobachtbare) individuelle Einstellungen und auf die Kommunikation im
Diskurs. Für die Erfassung der Qualität deliberativer Kommunikation sind nur
solche Normen relevant, die sich auf beobachtbare Kommunikation beziehen. Der
gemeinsame Kern dieser Kriterien lässt sich in vier Dimensionen zusammenfassen
(Thompson 2008):

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