Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie'
Rang einen, zwei oder drei Büffel zu opfern hat.“ (W Filchncr und D. S. Maräthe:
Hindustan im Festgewand, Celle: Verlagsbuchhandlung}. Giesel, 1953, S. 134—35)
Aber wo kommen die vielen Tiere her, um in allen Armee-Einheiten und
allen wichtigen Tempeln des Landes Opfer abzuhalten? Was geschieht mit ihnen
hinterher? Dokumente belegen, dass dafür aus allen Teilen des Landes Büffel her-
beigeschafft wurden. Anlässlich Dasain wurden auf Staatskosten ganze Tiertrecks
organisiert. Der Verkauf durch die Dorfbewohner vor Ort war dabei obligatorisch.
Die Büffel wurden zwar nominal vergütet, wohl aber mehr oder weniger als eine
Art Tribut an die Staatsmacht eingezogen. In Dokumenten heißt es typischerwei-
se, wie in einer Anordnung von 1806 über den Ankauf von Opfertieren für die
Dasain-Rituale in Gorkha (https://doi.org/10.11588/diglit.34877):
„... wer [solche Tiere] hält und sie nicht herausgibt, selbst wenn er den ange-
messenen, [da] vom Ältestenrat (pamca') festgelegten Preis erhält, und sich damit
in die Lage bringt, die Verehrung zu behindern, wird [als] Rebell [betrachtet].“
Für bestimmte Tempel gab es sogar permanente Festlegungen, welche Dörfer
wieviel Büffel und Ziegen zur Verfügung zu stellen hatten. Doch nicht nur die
Beschaffung wurde offiziell verwaltet und dokumentiert, auch das Opfern selbst.
Detaillierte Listen, die bei der Zentralverwaltung eingereicht werden mussten,
verzeichneten die Namen der einzelnen Opferen Wie erhaltene Beispiele belegen,
gehörten fast alle Männer, deren Namen in diesen Listen erschienen, dem Krieger-
stand an. Mit einer Liste aus dem Jahr 1831 (https://doi.org/10.11588/diglit.37016)
lässt sich nachweisen, dass sogar Königssöhne - in diesem Fall Prinzen von acht
bzw. neun Jahren - sich am Opfern der Büffel beteiligten. Zudem verzeichnen die
Listen, welche Waffen verwendet und ob die Köpfe der Tiere mit dem geforderten
einzigen Hieb abgetrennt wurden. Dabei wird deutlich, dass sich der Kriegerstand
und an seiner Spitze die Königsfamilie im eigenhändigen Opfern als fähige Krieger
produzierten. In der Kunst, Büffel mit einem Schlag zu köpfen, zeigten sich die
wahren Verehrer der Göttin. So wie Durgä den Büffeldämonen tötet, opfert der
Krieger auf ritueller Bühne in imitatio dei den Büffel - ein Akt heroischer Hingabe,
aus dem ihm selbst Macht erwächst. Die Überhöhung des Kriegerstandes wird
in der damit zusammenhängenden Dokumentationspraxis auch deutlich, verfolgt
man die geopferten Büffel weiter. In hinduistischen Vorstellungen gilt der Büffel,
im Gegensatz zur heiligen und besonders reinen Kuh, als unrein. Obwohl Büffel
das wichtigste Milchvieh in ganz Südasien sind, ist das Essen von Büffelfleisch für
hochkastige Hindus tabu. Der Konsum von Büffelfleisch wurde im Gorkhali-Staat
entsprechend stigmatisiert und sogar im erstmals 1854 erlassenen Gesetzbuch,
dem Multiki Ain, für Angehörige der oberen Kasten unter Strafe gestellt. Das heißt,
dass diejenigen, die opferten, das Fleisch der Opfertiere nicht essen durften. Das
Verteilen der Büffel an Angehörige anderer Gruppen, das wiederum in regulären
Verteilungsschemata dokumentiert wurde, kam somit einer jährlichen Proklamati-
on und Bestätigung ihres niedrigen sozialen Status gleich.
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Rang einen, zwei oder drei Büffel zu opfern hat.“ (W Filchncr und D. S. Maräthe:
Hindustan im Festgewand, Celle: Verlagsbuchhandlung}. Giesel, 1953, S. 134—35)
Aber wo kommen die vielen Tiere her, um in allen Armee-Einheiten und
allen wichtigen Tempeln des Landes Opfer abzuhalten? Was geschieht mit ihnen
hinterher? Dokumente belegen, dass dafür aus allen Teilen des Landes Büffel her-
beigeschafft wurden. Anlässlich Dasain wurden auf Staatskosten ganze Tiertrecks
organisiert. Der Verkauf durch die Dorfbewohner vor Ort war dabei obligatorisch.
Die Büffel wurden zwar nominal vergütet, wohl aber mehr oder weniger als eine
Art Tribut an die Staatsmacht eingezogen. In Dokumenten heißt es typischerwei-
se, wie in einer Anordnung von 1806 über den Ankauf von Opfertieren für die
Dasain-Rituale in Gorkha (https://doi.org/10.11588/diglit.34877):
„... wer [solche Tiere] hält und sie nicht herausgibt, selbst wenn er den ange-
messenen, [da] vom Ältestenrat (pamca') festgelegten Preis erhält, und sich damit
in die Lage bringt, die Verehrung zu behindern, wird [als] Rebell [betrachtet].“
Für bestimmte Tempel gab es sogar permanente Festlegungen, welche Dörfer
wieviel Büffel und Ziegen zur Verfügung zu stellen hatten. Doch nicht nur die
Beschaffung wurde offiziell verwaltet und dokumentiert, auch das Opfern selbst.
Detaillierte Listen, die bei der Zentralverwaltung eingereicht werden mussten,
verzeichneten die Namen der einzelnen Opferen Wie erhaltene Beispiele belegen,
gehörten fast alle Männer, deren Namen in diesen Listen erschienen, dem Krieger-
stand an. Mit einer Liste aus dem Jahr 1831 (https://doi.org/10.11588/diglit.37016)
lässt sich nachweisen, dass sogar Königssöhne - in diesem Fall Prinzen von acht
bzw. neun Jahren - sich am Opfern der Büffel beteiligten. Zudem verzeichnen die
Listen, welche Waffen verwendet und ob die Köpfe der Tiere mit dem geforderten
einzigen Hieb abgetrennt wurden. Dabei wird deutlich, dass sich der Kriegerstand
und an seiner Spitze die Königsfamilie im eigenhändigen Opfern als fähige Krieger
produzierten. In der Kunst, Büffel mit einem Schlag zu köpfen, zeigten sich die
wahren Verehrer der Göttin. So wie Durgä den Büffeldämonen tötet, opfert der
Krieger auf ritueller Bühne in imitatio dei den Büffel - ein Akt heroischer Hingabe,
aus dem ihm selbst Macht erwächst. Die Überhöhung des Kriegerstandes wird
in der damit zusammenhängenden Dokumentationspraxis auch deutlich, verfolgt
man die geopferten Büffel weiter. In hinduistischen Vorstellungen gilt der Büffel,
im Gegensatz zur heiligen und besonders reinen Kuh, als unrein. Obwohl Büffel
das wichtigste Milchvieh in ganz Südasien sind, ist das Essen von Büffelfleisch für
hochkastige Hindus tabu. Der Konsum von Büffelfleisch wurde im Gorkhali-Staat
entsprechend stigmatisiert und sogar im erstmals 1854 erlassenen Gesetzbuch,
dem Multiki Ain, für Angehörige der oberen Kasten unter Strafe gestellt. Das heißt,
dass diejenigen, die opferten, das Fleisch der Opfertiere nicht essen durften. Das
Verteilen der Büffel an Angehörige anderer Gruppen, das wiederum in regulären
Verteilungsschemata dokumentiert wurde, kam somit einer jährlichen Proklamati-
on und Bestätigung ihres niedrigen sozialen Status gleich.
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