B. Die Mitglieder
sehen Kontext solcher „Geschichtsklitterung“ standen hier in besonderer Verbin-
dung. Habichts enorme prosopographischen Kenntnisse führte immer wieder zu
Glanzstücken epigraphischer Detailforschung (etwa zu der Liste der athenischen
Ratsherren nach der Annexion von Samos durch Athen, in Verbindung mit Klaus
Hallofs Kunst des Entzifferns, IG XII 6,1,262) und historischen Gesamtbildern
(etwa zur Geschichte der Funktionseliten in den hellenistischen Monarchien, de-
nen er ein stetes Interesse entgegenbrachte).
Im Alter von 35 Jahren wurde er als Ordinarius nach Marburg berufen (1961)
und folgte dann einem Ruf nach Heidelberg (1965), wo er bald (1966/67) als De-
kan amtierte. Rufe nach Bonn (1964) und Basel (1970) lehnte er ab, aber dem
Locken des Institute for Advanced Study in Princeton, wo er bereits 1972 als Gast
weilte, konnte er nicht widerstehen. 1973 wechselte er dorthin und blieb als Pro-
fessor an der School of Historical Studies, über seine Emeritierung im Jahre 1998
hinaus, aktiv. Man konnte ihn in seinem kleinen „Institut“ sehen und besuchen,
das er so gerne und stolz zeigte, mit der Sammlung der Abklatsche. Denn das war
es, was ihm diesen Platz besonders wertvoll machte: Sein Vorgänger Benjamin
D. Meritt, einer der bedeutendsten amerikanischen Epigraphiker und am Institut
von 1935—1969 tätig, hatte dort eine Sammlung von Abklatschen begründet, die
nun von Habicht weiter ausgebaut wurde. Sie umfasst derzeit rund 25.000 Stücke
und ist damit die zweitgrößte nach der entsprechenden Kollektion bei den IG an
der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Die Arbeit am Text
in seiner konkreten Gestalt wird damit auch fern von den originalen Stücken selbst
möglich. Auf diese Weise hat Habicht ein weltweit einmaliges Zentrum historisch-
epigraphischer Forschung geschaffen. Es zieht nach wie vor viele Gäste an, wozu
freilich auch die einladende Freundlichkeit des Gastgebers beigetragen hat. Rasch
hat er auch die Chancen der Informationstechnologie erkannt: Die Bestände wer-
den digitalisiert und laufend ins Netz gestellt (Stichwort: „Krateros“).
Bahnbrechend sind auch viele der Werke Habichts, die zum Teil noch auf
die Heidelberger Zeit zurückgehen, aber vor allem in Princeton erarbeitet wur-
den. Auf der Linie seiner Anfänge liegen vor allem die Bücher zum hellenistischen
Athen. Sie sind aus diversen Einzelstudien hervorgegangen und haben das Bild die-
ser Polis in der fraglichen Epoche neu koloriert. Da Inschriften auf diesem Gebiet
die wichtigste Quellengattung bilden, konnte Habicht auch hier seine Expertise
entfalten und aus extrem verstreuten Materialien einen historischen Zusammen-
hang rekonstruieren. Er hat damit weitere Einzelforschungen angeregt, die sein
Gesamtbild leicht retuschieren konnten, aber im Wesentlichen bestätigten. Wich-
tig daran ist aber, dass Habicht gerade mit dem Blick auf die Inschriften immer
wieder deutlich machen konnte, wie lebendig die griechische Polis - traditionell
totgesagt für die Epoche des Hellenismus - in Wirklichkeit auch noch nach Ale-
xander und den Diadochen war. Wie mit seinen Forschungen zur hellenistischen
196
sehen Kontext solcher „Geschichtsklitterung“ standen hier in besonderer Verbin-
dung. Habichts enorme prosopographischen Kenntnisse führte immer wieder zu
Glanzstücken epigraphischer Detailforschung (etwa zu der Liste der athenischen
Ratsherren nach der Annexion von Samos durch Athen, in Verbindung mit Klaus
Hallofs Kunst des Entzifferns, IG XII 6,1,262) und historischen Gesamtbildern
(etwa zur Geschichte der Funktionseliten in den hellenistischen Monarchien, de-
nen er ein stetes Interesse entgegenbrachte).
Im Alter von 35 Jahren wurde er als Ordinarius nach Marburg berufen (1961)
und folgte dann einem Ruf nach Heidelberg (1965), wo er bald (1966/67) als De-
kan amtierte. Rufe nach Bonn (1964) und Basel (1970) lehnte er ab, aber dem
Locken des Institute for Advanced Study in Princeton, wo er bereits 1972 als Gast
weilte, konnte er nicht widerstehen. 1973 wechselte er dorthin und blieb als Pro-
fessor an der School of Historical Studies, über seine Emeritierung im Jahre 1998
hinaus, aktiv. Man konnte ihn in seinem kleinen „Institut“ sehen und besuchen,
das er so gerne und stolz zeigte, mit der Sammlung der Abklatsche. Denn das war
es, was ihm diesen Platz besonders wertvoll machte: Sein Vorgänger Benjamin
D. Meritt, einer der bedeutendsten amerikanischen Epigraphiker und am Institut
von 1935—1969 tätig, hatte dort eine Sammlung von Abklatschen begründet, die
nun von Habicht weiter ausgebaut wurde. Sie umfasst derzeit rund 25.000 Stücke
und ist damit die zweitgrößte nach der entsprechenden Kollektion bei den IG an
der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Die Arbeit am Text
in seiner konkreten Gestalt wird damit auch fern von den originalen Stücken selbst
möglich. Auf diese Weise hat Habicht ein weltweit einmaliges Zentrum historisch-
epigraphischer Forschung geschaffen. Es zieht nach wie vor viele Gäste an, wozu
freilich auch die einladende Freundlichkeit des Gastgebers beigetragen hat. Rasch
hat er auch die Chancen der Informationstechnologie erkannt: Die Bestände wer-
den digitalisiert und laufend ins Netz gestellt (Stichwort: „Krateros“).
Bahnbrechend sind auch viele der Werke Habichts, die zum Teil noch auf
die Heidelberger Zeit zurückgehen, aber vor allem in Princeton erarbeitet wur-
den. Auf der Linie seiner Anfänge liegen vor allem die Bücher zum hellenistischen
Athen. Sie sind aus diversen Einzelstudien hervorgegangen und haben das Bild die-
ser Polis in der fraglichen Epoche neu koloriert. Da Inschriften auf diesem Gebiet
die wichtigste Quellengattung bilden, konnte Habicht auch hier seine Expertise
entfalten und aus extrem verstreuten Materialien einen historischen Zusammen-
hang rekonstruieren. Er hat damit weitere Einzelforschungen angeregt, die sein
Gesamtbild leicht retuschieren konnten, aber im Wesentlichen bestätigten. Wich-
tig daran ist aber, dass Habicht gerade mit dem Blick auf die Inschriften immer
wieder deutlich machen konnte, wie lebendig die griechische Polis - traditionell
totgesagt für die Epoche des Hellenismus - in Wirklichkeit auch noch nach Ale-
xander und den Diadochen war. Wie mit seinen Forschungen zur hellenistischen
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