D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
und Richters Sir William Jones (1746—1794) verfasst und war darauf ausgelegt, die
Rechtsgepflogenheiten der Provinz Bihar widerzuspiegeln.
Die Arbeit verfolgt zwei Zielsetzungen. Zum einen werden die Kapitel zum
Obligationenrecht des Vivädasärärnava erstmals in Edition und kommentierter
Übersetzung vorgelegt und dadurch eine bisher weitgehend unbeachtete Quelle
zur Begegnung britischen und hinduistischen Rechtsdenkens zugänglich gemacht.
Zum anderen wird ausgehend von dieser Textgrundlage die Frage untersucht, auf
welche Weise sich traditionelle hinduistische Rechtsgelchrte angesichts der trans-
kulturellen Verflechtungen der Kolonialgesellschaft sowie der Interessenlage ih-
rer britischen Auftraggeber positionierten. Dabei soll aufgezeigt werden, dass sich
trotz der zahlreichen politischen, ökonomischen und intellektuellen Neuerungen
jener Zeit in Vivädasärärnava weder in Form noch Inhalt eine Modernisierung der
hinduistischen Jurisprudenz nachweisen lässt. Statt sich der Rechtswirklichkeit
zuzuwenden oder neue Deutungen zu entwickeln, zieht sich der Verfasser Sarvoru
Sarman darauf zurück, traditionelle Wissensbestände zu reproduzieren und auto-
ritative Kommentarpassagen zu kompilieren. Die vermeintliche „Renaissance“ des
Dharmasästra unter der Ägide britischer Orientalisten entpuppt sich auf den zwei-
ten Blick als eine Restauration. Die dieser Erstarrung des Dharmasästra zugrunde
liegende Rationalität, so die Kernthese dieser Arbeit, wird erst dann verständlich,
wenn man das Zusammenspiel der vorkolonialen Diskurstraditionen der hindu-
istischen Jurisprudenz und der kolonialstaatlichen Rechtsparadigmen in den Blick
nimmt, deren restaurative Tendenzen sich wechselseitig verstärkten und daher als
das Ergebnis eines geteilten epistemischen Feldes von britischen und einheimi-
schen Wissenseliten zu begreifen sind.
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und Richters Sir William Jones (1746—1794) verfasst und war darauf ausgelegt, die
Rechtsgepflogenheiten der Provinz Bihar widerzuspiegeln.
Die Arbeit verfolgt zwei Zielsetzungen. Zum einen werden die Kapitel zum
Obligationenrecht des Vivädasärärnava erstmals in Edition und kommentierter
Übersetzung vorgelegt und dadurch eine bisher weitgehend unbeachtete Quelle
zur Begegnung britischen und hinduistischen Rechtsdenkens zugänglich gemacht.
Zum anderen wird ausgehend von dieser Textgrundlage die Frage untersucht, auf
welche Weise sich traditionelle hinduistische Rechtsgelchrte angesichts der trans-
kulturellen Verflechtungen der Kolonialgesellschaft sowie der Interessenlage ih-
rer britischen Auftraggeber positionierten. Dabei soll aufgezeigt werden, dass sich
trotz der zahlreichen politischen, ökonomischen und intellektuellen Neuerungen
jener Zeit in Vivädasärärnava weder in Form noch Inhalt eine Modernisierung der
hinduistischen Jurisprudenz nachweisen lässt. Statt sich der Rechtswirklichkeit
zuzuwenden oder neue Deutungen zu entwickeln, zieht sich der Verfasser Sarvoru
Sarman darauf zurück, traditionelle Wissensbestände zu reproduzieren und auto-
ritative Kommentarpassagen zu kompilieren. Die vermeintliche „Renaissance“ des
Dharmasästra unter der Ägide britischer Orientalisten entpuppt sich auf den zwei-
ten Blick als eine Restauration. Die dieser Erstarrung des Dharmasästra zugrunde
liegende Rationalität, so die Kernthese dieser Arbeit, wird erst dann verständlich,
wenn man das Zusammenspiel der vorkolonialen Diskurstraditionen der hindu-
istischen Jurisprudenz und der kolonialstaatlichen Rechtsparadigmen in den Blick
nimmt, deren restaurative Tendenzen sich wechselseitig verstärkten und daher als
das Ergebnis eines geteilten epistemischen Feldes von britischen und einheimi-
schen Wissenseliten zu begreifen sind.
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