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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Kommunikation von einem Verschwinden der Täter geprägt gewesen sei. Um die
Folgen des Zweiten Weltkriegs ging es auch im Vortrag von Maren Röger (Gießen),
in dem die Vertreibung der Deutschen im Spiegel des deutschen und des polnischen
medialen Diskurses einem Vergleich unterzogen und dabei vor allem die Rolle der
Medien als wesentliche Akteure von Geschichtspolitik unterstrichen wurde.
Das abschließende Panel der Konferenz fokussierte den Zweiten Weltkrieg im
Spiegel transnationaler Erinnerungsdebatten. Karsten Brüggemann (Lüneburg) und
Katja Wezel (Heidelberg) arbeiteten die differierenden Erinnerungskulturen inner-
halb der Gesellschaften Estlands und Lettlands heraus. So zeigte Brüggemann
anschaulich, wie das Denkmal des Bronzesoldaten im Stadtzentrum Tallinns zum
aufgeladenen historischen Polarisierungsobjekt zwischen der estnischen und der
russischsprachigen Bevölkerung werden konnte. Wezel stellte die noch heute gänz-
lich unterschiedliche Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für die Erinnerungskultu-
ren von Russen und Letten dar: Während für die lettische Bevölkerung der Begriff
„Okkupation“ als Bezeichnung für die Sowjetzeit selbstverständlich ist, wird der
Terminus von Angehörigen der russischsprachigen Bevölkerung nach wie vor abge-
lehnt.
Die Tagung machte im Vergleich unterschiedlicher Länder vor allem die Viel-
falt von Diktaturüberwindungsprozessen deutlich. Es zeigte sich, dass der Übergang
von Diktatur zur Demokratie nicht einseitig und schematisch verläuft und dass der
politischen Nutzung von Geschichte dabei eine zentrale Rolle zukommt. Die
Tagung bildete heterogene Formen von Transnationalisierungsprozessen ab, die vom
Feld der Restitution bis zur Europäisierung einer Debatte um das Totalitarismus-
paradigma reichten. Als zentraler Faktor der Diktaturüberwindung gerade im trans-
nationalen Kontext erwies sich die Forderung nach Anerkennung von Leiden unter
diktatorischen Regimen, die sich zunehmend internationalisiert. Auf die große
Bandbreite des Begriffs der Diktaturüberwindung wies Prof. Dr. Eberhard Jäckel (Stutt-
gart) in seinem Schlusswort hin. Er mahnte mit Blick auf die überwundenen
europäischen Diktaturen an, nicht einem ahistorischen Herangehen an das Phäno-
men zu verfallen.
Die großzügige infrastrukturelle, ideelle und finanzielle Unterstützung der
Tagung durch die Akademie der Wissenschaften ermöglichte den Organisatorinnen
die Schaffung eines angenehmen Rahmens für anregende und kontroverse Debat-
ten. Ein Tagungsband ist für 2008/09 in Planung.
FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Kommunikation von einem Verschwinden der Täter geprägt gewesen sei. Um die
Folgen des Zweiten Weltkriegs ging es auch im Vortrag von Maren Röger (Gießen),
in dem die Vertreibung der Deutschen im Spiegel des deutschen und des polnischen
medialen Diskurses einem Vergleich unterzogen und dabei vor allem die Rolle der
Medien als wesentliche Akteure von Geschichtspolitik unterstrichen wurde.
Das abschließende Panel der Konferenz fokussierte den Zweiten Weltkrieg im
Spiegel transnationaler Erinnerungsdebatten. Karsten Brüggemann (Lüneburg) und
Katja Wezel (Heidelberg) arbeiteten die differierenden Erinnerungskulturen inner-
halb der Gesellschaften Estlands und Lettlands heraus. So zeigte Brüggemann
anschaulich, wie das Denkmal des Bronzesoldaten im Stadtzentrum Tallinns zum
aufgeladenen historischen Polarisierungsobjekt zwischen der estnischen und der
russischsprachigen Bevölkerung werden konnte. Wezel stellte die noch heute gänz-
lich unterschiedliche Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für die Erinnerungskultu-
ren von Russen und Letten dar: Während für die lettische Bevölkerung der Begriff
„Okkupation“ als Bezeichnung für die Sowjetzeit selbstverständlich ist, wird der
Terminus von Angehörigen der russischsprachigen Bevölkerung nach wie vor abge-
lehnt.
Die Tagung machte im Vergleich unterschiedlicher Länder vor allem die Viel-
falt von Diktaturüberwindungsprozessen deutlich. Es zeigte sich, dass der Übergang
von Diktatur zur Demokratie nicht einseitig und schematisch verläuft und dass der
politischen Nutzung von Geschichte dabei eine zentrale Rolle zukommt. Die
Tagung bildete heterogene Formen von Transnationalisierungsprozessen ab, die vom
Feld der Restitution bis zur Europäisierung einer Debatte um das Totalitarismus-
paradigma reichten. Als zentraler Faktor der Diktaturüberwindung gerade im trans-
nationalen Kontext erwies sich die Forderung nach Anerkennung von Leiden unter
diktatorischen Regimen, die sich zunehmend internationalisiert. Auf die große
Bandbreite des Begriffs der Diktaturüberwindung wies Prof. Dr. Eberhard Jäckel (Stutt-
gart) in seinem Schlusswort hin. Er mahnte mit Blick auf die überwundenen
europäischen Diktaturen an, nicht einem ahistorischen Herangehen an das Phäno-
men zu verfallen.
Die großzügige infrastrukturelle, ideelle und finanzielle Unterstützung der
Tagung durch die Akademie der Wissenschaften ermöglichte den Organisatorinnen
die Schaffung eines angenehmen Rahmens für anregende und kontroverse Debat-
ten. Ein Tagungsband ist für 2008/09 in Planung.