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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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A. Das akademische Jahr 2018
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III. Veranstaltungen
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Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
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Fabian, Sarah-Denise: Orpheus im Schwabenland: Florian Dellers »Orphée et Euridice« am württembergischen Hof
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0091
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Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie

Stuttgarter Obcrkapellmeister Niccolö Jommelli kennenlernte und wahrschein-
lich auch seine ersten Ballettmusiken komponierte. 1751 wurde er als Geiger an
den württembergischen Hof in Stuttgart und Ludwigsburg engagiert.4 Dort stieg
er 1758 zum Leiter des Opern- und Komödienballetts auf, bevor zwei Jahre später
die Zusammenarbeit mit dem frisch an den Hof verpflichteten Noverre begann.
Nach dem Ende von Noverres Engagement am württembergischen Hof widmete
sich Deller dem Komponieren von Opere buffe. 1771 aus dem Dienst entlassen,
wirkte er in Wien und München, wo er am 19. April 1773 verstarb. Musikge-
schichtliche Bedeutung kommt Deller vor allem als Komponist von Noverres Re-
formballetten zu.5
Wie diese aussehen sollten, hatte Noverre, der von Herzog Carl Eugen alle
erdenklichen Mittel zum Realisieren seiner Ballettreform erhielt,6 in seinen Lettres
surla danse, et surles ballets (1760) formuliert. Noverre ging es um das Etablieren ei-
nes eigenständigen Handlungsballetts (das „Ballet en action“), bei dem die Inhalte
durch rein tänzerische Mittel - unterstützt durch die Musik - transportiert werden
sollten.7 Die Musik, die sowohl äußere Vorgänge als auch innere Seelenzustände
widerspiegeln sollte, ist dabei essenzieller Teil des neuen dramatischen Handlungs-
balletts - Musik und Tanz sollen gemeinsam das dramatische Geschehen transpor-
tieren. Aufgeführt wurden die Reformballette Noverres am württembergischen
Hof zwischen den Akten der Opere serie Jommellis.8 Das Besondere in Stuttgart
war, dass Noverre dabei vorschwebte, dass die Ballette die Opernhandlung nicht
unterbrechen, sondern sie sinnvoll ergänzen oder fortführen sollten.
Noverres und Dellers Ballett Orphee et Euridice wurde anlässlich des Geburts-
tagsfests von Herzog Carl Eugen am 11. Februar 1763 zwischen dem 2. und 3. Akt
von Jommellis Opera seria Didone abbandonata aufgeführt.9 Das Ballett wurde also
in der Oper nach der Stelle platziert, bei der Dido larbas rufen lässt, um ihm in
Anwesenheit von Aeneas ihren angeblichen Heiratswunsch mitzuteilen. Als Aene-
as sich dennoch nicht von seiner Abreise abbringen lässt, teilt Dido larbas mit, dass

4 Vgl. zum Leben Dellers und diesem Absatz: Sibylle Dahms: Art. »Deller, Florian Johann«, in:
Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, hg. v. Ludwig
Finscher, Personenteil Bd. 5, Kassel u. a. 2001, Sp. 768 — 770, hier: Sp. 768 f; Eberhard Schau-
er: „Das Personal des Württembergischen Hoftheaters 1750—1800. Ein Lexikon der Hofmu-
siker, Tänzer, Operisten und Hilfskräfte“, in: Musik und Musiker am Stuttgarter Hoftheater
(1750—1918). Quellen und Studien, hg. v. Reiner Nägele, Stuttgart 2000, S. 11—83, hier: S. 25.
5 Vgl. zum Wirken Dellers allgemein: Dahms: Art. „Deller, Florian Johann“, (wie Anm. 4),
Sp. 769 f.
6 Vgl. zum Wirken Noverres am württembergischen Hof v. a.: Dahms: „Noverres Stuttgarter
Ballette und ihre Überlieferung“, (wie Anm. 3), S. 197—204.
7 Vgl. Dahms: Der konservative Revolutionär, (wie Anm. 3), S. 281 — 291.
8 Vgl. zu den Ballettaufführungen am württembergischen Hof: Dahms: „Das Repertoire des
,Ballet en Action4“, (wie Anm. 3), S. 131 — 140.
9 Vgl. Libretto zu Didone abbandonata, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 21 Bü 638, S. 142 ff.

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