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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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II. Nachrufe
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Ramm, Ekkehard: Josef Eibl (22.3.1936−4.9.2018)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0204
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B. Die Mitglieder

eine kurze Zeit in eine Münchener Baufirma. Dies deutet bereits an, dass Eibl sehr
ungeduldig sein konnte, wenn Arbeiten keinen Fortschritt machten.
Der Oberingenieur von Professor Rüsch, Karl Kordina, hatte unterdessen
einen Ruf auf die Professur für Massivbau an der TH Braunschweig erhalten
und nahm Josef Eibl als wissenschaftlichen Mitarbeiter mit. Dort war er erst-
mals mit Problemen von Silos aus Stahlbeton konfrontiert, einem Thema, das
später ein Schwerpunkt seiner Forschung werden sollte. Bereits nach drei Jah-
ren wurde er 1963 mit einer Arbeit „Zur Stabilitätsfrage des Zweigelenkbogens
mit Zugband und schlaffen Hängestangen“ promoviert. Anschließend war er für
vier Jahre in der Bauindustrie in Nürnberg und München tätig, wo er an unter-
schiedlichsten Bauwerken mitarbeiten konnte, darunter auch Silos und meh-
rere Brücken, eine Zeitlang als Gruppenleiter bei der Firma Dyckerhoff und
Widmann. 1968 kehrte er als Abteilungsleiter und Professor an das Institut für
Baustoffkunde, Massivbau und Brandschutz der TH Braunschweig zurück und
habilitierte sich im selben Jahr mit einer Schrift „Zur Anwendung konformer
Abbildungen in der Membrantheorie bei Schalen nach Flächen zweiter Ordnung
mit positiver Gaußscher Krümmung“. Das mathematisch sehr anspruchsvolle
Thema zeigte die enorme Spannbreite seiner analytischen Fähigkeiten. Er selbst
sagte über die Habilitation: „Ich wollte mir nicht nachsagen lassen, ich hätte
meinen Professorentitel nur als Folge einer wunderbaren, politisch motivierten
Stellenvermehrung erworben“. In die Folgezeit fällt auch die Kooperation mit
György Ivänyi, deren Zielsetzung man heute mit Modellierung und Simulation,
hier von mechanischem Verhalten von Tragwerken, bezeichnen würde. Für eine
IBM Rechenanlage mit einer Speicherkapazität von 65.536 Bytes wurden erste
Finite-Element-Programme geschrieben; als Resultat dieser Arbeit entstand spä-
ter das Buch zur Berechnung von kastenförmigen Brückcnwiderlagern (1. Auf-
lage 1973).
Bemerkenswert an diesem Wechselspiel zwischen Forschung und Praxis ist
auch seine einjährige Beurlaubung von der akademischen Welt im Jahr 1971, um
im Büro des Stuttgarter Ingenieurs Fritz Leonhardt, Ehrenmitglied der Heidel-
berger Akademie, zu arbeiten. Dessen Büro war damals mit der Konstruktion der
Olympia-Zeltdächer befasst. Im Büro holte ihn auch das Thema Silos wieder ein;
ein 90 m hohes Silo war eingestürzt. Die Nachforschungen zur Einsturzursache
haben ihn dann später erneut zu eigenen Forschungen angeregt.
Josef Eibl wurde dann 1974 zum ordentlichen Professor für Statik und Bau-
mechanik der jungen Universität Dortmund berufen, die erstmals Architekten
und Bauingenieure in gemeinsamen Studiengängen ausbilden sollte. Hier vertrat
er nun wieder das eher analytisch orientierte Lehr- und Forschungsgebiet Statik/
Mechanik, wechselte aber dann doch nach drei Jahren, einem Vorschlag von Fritz
Leonhardt folgend und wohl eher der eigentlichen Profession zugeneigt, auf die
Professur für Beton- und Stahlbeton. Neben der Siloforschung begann er, sich mit

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