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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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II. Nachrufe
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Ramm, Ekkehard: Josef Eibl (22.3.1936−4.9.2018)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0205
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Nachruf auf Josef Eibl

der Tragwerksdynamik zu befassen. Sie wurde eines seiner zentralen wissenschaft-
lichen Themen.
Im unruhigen beruflichen Leben von Josef Eibl folgte schließlich 1982 die
Ernennung zum Professor und Direktor der Abteilung Massivbau am Institut für
Massivbau und Baustoffkunde der Universität Karlsruhe. In seiner Antrittsvor-
lesung äußerte er sich zu dem für Nichtfachleute weitgehend unverständlichen
Terminus „Massivbau“; er wies auf die Historie hin, dass frühere Baumeister sich
hauptsächlich nur mit Materialien Stein und Erde, also „massiven“ Werkstoffen,
befasst haben. De facto beschreibt er das Gebiet des Stahl- und Spannbetons. In
den nun folgenden 18 Jahren baute er dieses Institut zu einer exzellenten Lehr-
und Forschungsinstitution aus, mit vielen innovativen Themen an der Front
der Forschung. Sein großer persönlicher Einsatz und seine Begeisterungsfähig-
keit spielten dabei eine wesentliche Rolle. Bei seiner Emeritierung im Jahr 2000
konnte er ein im wahrsten Sinne des Wortes großes Institut übergeben, das auch
international hoch angesehen war. Es sei noch erwähnt, dass Josef Eibl die hoheits-
rechtliche Aufgabe eines Prüfingenieurs für Baustatik, vorwiegend in den Fach-
richtungen Massivbau und Metallbau, wahrgenommen hat, zunächst über viele
Jahre in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und dann vor allem in Baden-
Württemberg. Unter anderem führte diese Tätigkeit 1983 zur Gründung eines
Ingenieurbüros für Tragwerksplanung mit dem Hauptsitz in Karlsruhe. Aus dieser
Zeit sei eine fachliche Begegnung erwähnt, an der der Prüfingenieur Eibl und der
Unterzeichner als Gutachter der ausführenden Baufirma für eine neuartige Kühl-
turmkonstruktion eines Kernkraftwerks beteiligt waren. Wir legten die Ergebnisse
einer hochkomplexen Computersimulation für die Tragfähigkeit des Bauwerks
vor. Die Diskussion ging um die Definition der Sicherheitsbeiwerte, die in den
Normen nur ungenau definiert waren. Es war bewundernswert, mit welcher In-
tensität und Fachkompetenz der Prüfingenieur Eibl die Verhandlung führte. Dabei
wurden seine Fähigkeiten deutlich, auch schwierige Entscheidungen zu fällen und
Verantwortung zu übernehmen.
Das Spektrum der Forschungsthemen von Josef Eibl ist gekennzeichnet
durch eine enorme Themenvielfalt. In den Anfangszeiten hatte er sich noch mit
„klassischen“ Themen bei Entwurf und Konstruktion von Tragwerken wie Platten,
Faltwerken, Schalen befasst. Hinzu kamen typische Aufgaben beim Entwerfen mit
dem Werkstoff Stahlbeton wie die experimentelle und numerische Ermittlung der
Rissbildung oder die Bestimmung des Kriechens und Schwindens dieses extrem
komplexen Verbundmaterials.
Traditionell befasste sich der Bauingenieur mit dem statischen Verhalten von
Bauwerken; der Begriff des „Statikers“ ist dafür das Synonym in der Öffentlich-
keit. Mittlerweile hat sich der konstruierende Bauingenieur auch zum „Dyna-
miker“ entwickelt. Josef Eibl hat mit seiner Forschung zur Baudynamik hierzu
erheblich beigetragen. Auf die Siloforschung wurde bereits hingewiesen; wie so

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