Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

DOI Kapitel:
C. Die Forschungsvorhaben
DOI Kapitel:
II.Tätigkeitsberichte (chronologisch)
DOI Kapitel:
4. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0234
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
C. Die Forschungsvorhaben

im neuen sprachlichen Gewand verlorengehen, dies war für ihn eine der großen
Herausforderungen des Programms der „Weltliteratur“ (doch die müssen wir für
ein späteres Jahrbuch „übriglassen“!). - Im Übermaß genossen, wird schließlich
auch der beste Wein zum „Tyrannenblut“, das „den Geist unterjocht“. Was für
ein „Übel“! Da hilft auch das „Üben“ nicht wirklich, weder in der bei Goethe
oft noch vorkommenden, später verblassten anderen Hauptbedeutung „ausüben,
praktizieren, exekutieren“, noch in der uns vorwiegend geläufigen Bedeutung
„einüben, trainieren, exerzieren“. In der Kunst jedoch ist selbst dem „Original-
genie“ die repetitive Vervollkommnung aufgegeben, denn „die durch Übung zu
erlangende Fertigkeit ist es eigentlich, die das Talent endlich zur Meisterschaft
erhebt“ - davon war Goethe fest „überzeugt“: ein weiteres seiner Lieblingswörter.
Von Goethes eigenen „Unarten“ nicht „unbekannt“ geblieben ist die Selbstver-
ständlichkeit, womit er, deren denkbares „Unbehagen“ augenzwinkernd beiseite
schiebend, Andere für seine Zwecke einzuspannen wusste: „In der Überzeugung,
dass Sie die mir erwiesenen Gefälligkeiten gerne fortsetzen mögen, bin ich so frei
Ihre Geschäfte durch einen abermaligen Brief zu unterbrechen“ (an G. H. Rapp,
15.1.1798).
Frau Frank, Frau Frys und Herr Welter besuchten im Sommer die 9. Internati-
onale Konferenz über Historische Lexikologie und Lexikographie (ICHLL) in San-
ta Margherita Ligure (Italien) und den 18. Internationalen EURALEX-Kongress
in Ljubljana (Slowenien). Ein nicht geringer Teil der Vorträge zur Historischen
Lexikographie befasste sich mit der Geschichte der Lexikographie selber, vielfach
in ihrem Bezug zu mittelalterlichen Glossierungen: Fügen die Glossen einem Text
bereits verfügbares Wörterbuchwissen hinzu, oder entstehen Wörterbücher erst
aus der systematischen Aufarbeitung von Glossen? Bei EURALEX steht nach wie
vor im Fokus die Bandbreite von Verfahren zur Erschließung immenser Daten-
mengen, wie sie Jahrzehnte der (Retro-)Digitalisierung angehäuft haben. Dazu
kommt als neuer Schwerpunkt die Vernetzung der vielen Projekte und Methoden,
gipfelnd in der Vision einer „universellen lexikographischen Metastruktur“, die als
allumfassende Wörterbuchmatrix die Integration und durchvernetzte Verfügbar-
keit aller Sprachen aller Zeiten erlauben soll. Allerdings war man sich einig, dass
es einen „lexikographischen Völlautomaten“ so bald nicht geben wird und wohl
auch niemals geben kann, da kein Algorithmus die Sprachkompetenz und Inter-
pretationsleistung eines erfahrenen Lexikographen ersetzen könne. Weil „human
expertise“ in der Bedeutungsermittlung und -Vermittlung unverzichtbar bleibt, sei
die Lexikographie, wie digitalisiert auch immer, keine Exakte Wissenschaft. Diese
Einsicht sollte durchschlagen in die Ausbildung künftiger Lexikographen.
Vor circa drei Jahren wurde zwischen den Arbeitsstellen verabredet, die ab-
sehbar nötig werdende Ersetzung in die Jahre gekommener Computer durch
neue Geräte (mit dem aktuellen Betriebssystem WINDOWS 10) von vornher-
ein zu kombinieren mit einer Umstellung von OpenOffice auf das inzwischen

234
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften