Nachruf auf Knut Wolfgang Nörr
eine zusammenfassende Darstellung des gelehrten Prozesses vom Hochmittelalter
bis zum Beginn des 16. Jhds. („Romanisch-kanonisches Prozessrecht: Erkenntnis-
verfahren erster Instanz in civilibus“). Zuletzt erschien 2015 „Ein geschichtlicher
Abriss des kontinentaleuropäischcn Zivilprozesses in ausgewählten Kapiteln“. Der
Abriss setzt mit dem römischen Formularprozess ein und wendet sich sodann dem
romanisch-kanonischen Prozess zu. Die weiteren Kapitel reichen von der preußi-
schen Prozessordnung des Jahres 1781 über französische Prozessordnungen bis
zur österreichischen (Zivilprozessordnung des Jahres 1895.
Seit Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befasste sich Nörr
auch monographisch mit der Geschichte des Privatrechts und der Geschichte des
Rechts der Wirtschaft. 1988 veröffentlichte er eine Monographie über die Ent-
wicklung des Privatrechts in der Weimarer Republik („Zwischen den Mühlstei-
nen. Eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik“). Die Darstellung dieser
Epoche der Rechtsgeschichte war ein Novum. In der kleinen Monographie „Eher
Hegel als Kant. Zum Privatrechtsverständnis im 19. Jahrhundert“ (1991) analy-
sierte Nörr das 19. Jahrhundert als „Jahrhundert des Privatrechts“. Er befasst sich
mit dem zeitgenössischen Rechtsbegriff und bezieht dabei explizit auch Vertreter
der Staatsrechtslehre ein (so sind neben F. C. von Savigny, Rudolf von Jhering und
Otto von Gierke auch Robert von Mohl und Lorenz von Stein behandelt). 2003
konnte Nörr — gemeinsam mit Junichi Murakami - unbekannte Notizen Savignys
bekanntmachen, die zu einer geplanten zweiten Auflage des berühmten „System
des heutigen römischen Rechts“ (1840) gehören.
1994 veröffentlichte Nörr eine erste Monographie, die sich mit der Wirt-
schaftsgeschichte der jungen Bundesrepublik auseinandersetzt („Die Leiden des
Privatrechts: Kartelle in Deutschland von der Holzstoffkartellentscheidung zum
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“). Fünf Jahre danach (1999) folgte der
erste Band einer umfassenden Rechtsgeschichte der deutschen Wirtschaft nach
1945 („Die Republik der Wirtschaft, Teil 1: Von der Besatzungszeit bis zur großen
Koalition“). Acht Jahre später (2007) schloss der zweite Band („Die Republik der
Wirtschaft, Teil 2: Von der sozial-liberalen Koalition bis zur Wiedervereinigung“)
das monumentale Werk ab. Von rechtshistorischer Seite war eine solche Darstel-
lung zuvor noch nie gewagt worden.
2003 ehrten ihn seine Schüler und Freunde mit einer mehr als tausendsei-
tigen Festschrift („Ins Wasser geworfen und Ozeane durchquert“. Festschrift für
Knut Wolfgang Nörr“), deren Beiträge das gesamte Spektrum seines wissenschaft-
lichen Schaffens widerspiegeln1.
Persönlich konnte ich Knut Wolfgang Nörr noch in Tübingen kennenlernen.
Er hatte sich vorausschauend bei den Bleibeverhandlungen anlässlich des Rufes
nach Berkeley zusichern lassen, auch nach seiner Emeritierung über ein eigenes
1 Dort auch S. 1099— 1109 ein Verzeichnis der bis dahin erschienenen Publikationen von Nörr.
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eine zusammenfassende Darstellung des gelehrten Prozesses vom Hochmittelalter
bis zum Beginn des 16. Jhds. („Romanisch-kanonisches Prozessrecht: Erkenntnis-
verfahren erster Instanz in civilibus“). Zuletzt erschien 2015 „Ein geschichtlicher
Abriss des kontinentaleuropäischcn Zivilprozesses in ausgewählten Kapiteln“. Der
Abriss setzt mit dem römischen Formularprozess ein und wendet sich sodann dem
romanisch-kanonischen Prozess zu. Die weiteren Kapitel reichen von der preußi-
schen Prozessordnung des Jahres 1781 über französische Prozessordnungen bis
zur österreichischen (Zivilprozessordnung des Jahres 1895.
Seit Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befasste sich Nörr
auch monographisch mit der Geschichte des Privatrechts und der Geschichte des
Rechts der Wirtschaft. 1988 veröffentlichte er eine Monographie über die Ent-
wicklung des Privatrechts in der Weimarer Republik („Zwischen den Mühlstei-
nen. Eine Privatrechtsgeschichte der Weimarer Republik“). Die Darstellung dieser
Epoche der Rechtsgeschichte war ein Novum. In der kleinen Monographie „Eher
Hegel als Kant. Zum Privatrechtsverständnis im 19. Jahrhundert“ (1991) analy-
sierte Nörr das 19. Jahrhundert als „Jahrhundert des Privatrechts“. Er befasst sich
mit dem zeitgenössischen Rechtsbegriff und bezieht dabei explizit auch Vertreter
der Staatsrechtslehre ein (so sind neben F. C. von Savigny, Rudolf von Jhering und
Otto von Gierke auch Robert von Mohl und Lorenz von Stein behandelt). 2003
konnte Nörr — gemeinsam mit Junichi Murakami - unbekannte Notizen Savignys
bekanntmachen, die zu einer geplanten zweiten Auflage des berühmten „System
des heutigen römischen Rechts“ (1840) gehören.
1994 veröffentlichte Nörr eine erste Monographie, die sich mit der Wirt-
schaftsgeschichte der jungen Bundesrepublik auseinandersetzt („Die Leiden des
Privatrechts: Kartelle in Deutschland von der Holzstoffkartellentscheidung zum
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“). Fünf Jahre danach (1999) folgte der
erste Band einer umfassenden Rechtsgeschichte der deutschen Wirtschaft nach
1945 („Die Republik der Wirtschaft, Teil 1: Von der Besatzungszeit bis zur großen
Koalition“). Acht Jahre später (2007) schloss der zweite Band („Die Republik der
Wirtschaft, Teil 2: Von der sozial-liberalen Koalition bis zur Wiedervereinigung“)
das monumentale Werk ab. Von rechtshistorischer Seite war eine solche Darstel-
lung zuvor noch nie gewagt worden.
2003 ehrten ihn seine Schüler und Freunde mit einer mehr als tausendsei-
tigen Festschrift („Ins Wasser geworfen und Ozeane durchquert“. Festschrift für
Knut Wolfgang Nörr“), deren Beiträge das gesamte Spektrum seines wissenschaft-
lichen Schaffens widerspiegeln1.
Persönlich konnte ich Knut Wolfgang Nörr noch in Tübingen kennenlernen.
Er hatte sich vorausschauend bei den Bleibeverhandlungen anlässlich des Rufes
nach Berkeley zusichern lassen, auch nach seiner Emeritierung über ein eigenes
1 Dort auch S. 1099— 1109 ein Verzeichnis der bis dahin erschienenen Publikationen von Nörr.
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