19. Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit
in Sachsen, die sich verschärfende Abgrenzung lutherischer von zwinglianischen
und calvinistischen Positionen, die Beurteilung von Wucher und Zins, die Kon-
kordienbemühungen unter den Anhängern des Augsburger Bekenntnisses, das
Verhältnis zu Juden und Katholiken und schließlich auch die Wahrnehmung einer
Bedrohung Europas durch das Osmanische Reich. Eine wichtige Rolle in den Brie-
fen spielt die Frage nach dem Verhältnis von weltlicher und kirchlicher Obrigkeit,
insbesondere im Zusammenhang mit dem Interim. In vielen Briefen findet die
verbreitete Endzeiterwartung Ausdruck, die durch die politischen Unruhen der
Zeit gefördert wurde. Trotz ihrer durch Flucht und Exil bedingten Isolation, sind
viele Korrespondenten bemüht, kirchlich relevante politische Entwicklungen in
England, Frankreich und Italien zu verfolgen und ausführlich zu kommentieren.
Die Briefe waren damit ein wichtiges Medium der Informationsvermittlung, das
Zeitungen erst später ersetzten. Die Bruchlinie zwischen lutherischer und refor-
mierter Konfessionalisierung konnte gelegentlich innerhalb eines einzigen politi-
schen Gebildes verlaufen. Das war zum Beispiel bei der stark reformiert geprägten
württembergischen Exklave Mömpelgard der Fall. Als man hier die lutherisch aus-
gerichtete württembergische Kirchenordnung von 1559 verbindlich machte, kam
es zu heftigen Unstimmigkeiten, die durch die deutsch-französischen Sprachpro-
bleme noch verschärft wurden.
In den Briefen werden nicht nur theologische und kirchenpolitische Sachver-
halte sowie Fragen der Fömmigkeitspraxis erörtert, sondern auch zahlreiche kul-
turgeschichtlich relevante Aspekte sowie grundlegende weltanschauliche Fragen.
So geht es in dem Briefwechsel des Theologen Brenz mit dem Arzt Johann Weyer
etwa um Hexerei und Zauberei sowie deren Strafbarkeit.
Neben dem einflussreichsten Reformator des Südwestens, Johannes Brenz,
tritt in dem für den Druck vorbereiteten ersten Band der Edition der langjähri-
ge Kanzler der Universität Tübingen, Jakob Andreae, hervor. Sein Briefwechsel
erweist ihn als unermüdlichen Organisator der württembergischen Reformation.
Bald schon reicht sein Wirken jedoch weit über den Südwesten hinaus. Er wird
in anderen Territorien als Reformator tätig (z. B. im Herzogtum Braunschweig-
Wolfenbüttel) und zur entscheidenden Gestalt der innerlutherischen Konkordien-
bemühungen. Auf der Grundlage seiner fünf Unionsartikel von 1568/69 versucht
er, einen positiv formulierten Minimalkonsens unter den lutherisch gesinnten Kir-
chen herzustellen. Dies schlägt sich in seiner Korrespondenz auf zweifache Weise
nieder: zum einen in einem unablässigen Werben für die Artikel und deren Unter-
schrift durch Theologen unterschiedlicher Reichsstädte und Territorien (Kontak-
te bis nach Dänemark), zum anderen in den bisweilen ausführlichen Reise- und
Tätigkeitsberichten, etwa an Landgraf Wilhelm IV von Hessen-Kassel oder Herzog
Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Eine wichtige Rolle spielt schließlich die württembergische Korrespondenz
mit Johannes Marbach, der 1552 an die Spitze des Straßburger Kirchenkonvents
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in Sachsen, die sich verschärfende Abgrenzung lutherischer von zwinglianischen
und calvinistischen Positionen, die Beurteilung von Wucher und Zins, die Kon-
kordienbemühungen unter den Anhängern des Augsburger Bekenntnisses, das
Verhältnis zu Juden und Katholiken und schließlich auch die Wahrnehmung einer
Bedrohung Europas durch das Osmanische Reich. Eine wichtige Rolle in den Brie-
fen spielt die Frage nach dem Verhältnis von weltlicher und kirchlicher Obrigkeit,
insbesondere im Zusammenhang mit dem Interim. In vielen Briefen findet die
verbreitete Endzeiterwartung Ausdruck, die durch die politischen Unruhen der
Zeit gefördert wurde. Trotz ihrer durch Flucht und Exil bedingten Isolation, sind
viele Korrespondenten bemüht, kirchlich relevante politische Entwicklungen in
England, Frankreich und Italien zu verfolgen und ausführlich zu kommentieren.
Die Briefe waren damit ein wichtiges Medium der Informationsvermittlung, das
Zeitungen erst später ersetzten. Die Bruchlinie zwischen lutherischer und refor-
mierter Konfessionalisierung konnte gelegentlich innerhalb eines einzigen politi-
schen Gebildes verlaufen. Das war zum Beispiel bei der stark reformiert geprägten
württembergischen Exklave Mömpelgard der Fall. Als man hier die lutherisch aus-
gerichtete württembergische Kirchenordnung von 1559 verbindlich machte, kam
es zu heftigen Unstimmigkeiten, die durch die deutsch-französischen Sprachpro-
bleme noch verschärft wurden.
In den Briefen werden nicht nur theologische und kirchenpolitische Sachver-
halte sowie Fragen der Fömmigkeitspraxis erörtert, sondern auch zahlreiche kul-
turgeschichtlich relevante Aspekte sowie grundlegende weltanschauliche Fragen.
So geht es in dem Briefwechsel des Theologen Brenz mit dem Arzt Johann Weyer
etwa um Hexerei und Zauberei sowie deren Strafbarkeit.
Neben dem einflussreichsten Reformator des Südwestens, Johannes Brenz,
tritt in dem für den Druck vorbereiteten ersten Band der Edition der langjähri-
ge Kanzler der Universität Tübingen, Jakob Andreae, hervor. Sein Briefwechsel
erweist ihn als unermüdlichen Organisator der württembergischen Reformation.
Bald schon reicht sein Wirken jedoch weit über den Südwesten hinaus. Er wird
in anderen Territorien als Reformator tätig (z. B. im Herzogtum Braunschweig-
Wolfenbüttel) und zur entscheidenden Gestalt der innerlutherischen Konkordien-
bemühungen. Auf der Grundlage seiner fünf Unionsartikel von 1568/69 versucht
er, einen positiv formulierten Minimalkonsens unter den lutherisch gesinnten Kir-
chen herzustellen. Dies schlägt sich in seiner Korrespondenz auf zweifache Weise
nieder: zum einen in einem unablässigen Werben für die Artikel und deren Unter-
schrift durch Theologen unterschiedlicher Reichsstädte und Territorien (Kontak-
te bis nach Dänemark), zum anderen in den bisweilen ausführlichen Reise- und
Tätigkeitsberichten, etwa an Landgraf Wilhelm IV von Hessen-Kassel oder Herzog
Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Eine wichtige Rolle spielt schließlich die württembergische Korrespondenz
mit Johannes Marbach, der 1552 an die Spitze des Straßburger Kirchenkonvents
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