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BUA I, Prolog
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Kapiteln zusammengestellt. Diesen Kapiteln habe ich auch, gemäß ihrem
Inhalt, geeignete und angemessene Exempel angefügt, die zu unseren Zeiten
oder nahe der Gegenwart geschehen sind.
Und ich habe es bei einigen gewiss vermieden, Länder, Städte oder
Gemeinden, in denen die Dinge sich zugetragen haben, beim Namen zu 5
nennen. Und zwar deswegen, weil ich sonst fiirchten müsste, den noch
Lebenden und denjenigen, die vor dieser Aufinerksamkeit für ihren Ruhm
fliehen, selbst Scham zu bereiten. So oder so geht darin demjenigen, der
nachahmen oder durchlesen will, nichts verloren. Dann und wann habe ich
auch Aussagen von Philosophen eingefiigt. 10
11 Und ich, der ich freilich unwürdig bin, habe aufgrund Eures Befehls die Kühnheit
dieses Werkes unternommen: denn Ihr habt in einem gewissen Generalkapitel den
Brüdern befohlen, dass sie in den einzelnen Ordensprovinzen erinnerungswürdige
Dinge aufschreiben sollen, wenn sich durch die Brüder oder wegen der Brüder oder
sonstiges den Brüdern Bekanntes ereignet hätte.13 11 15
Von dir also, heiliger Vater, mögen Eifer und Frucht meiner Arbeit
korrigiert werden. Und wenn es korrigiert ist, möge mein Werk unseren
verschiedenen Häusern, Söhnen und Brüdern zum raschen Abschreiben
aufgetragen werden, damit der heilige Samen reichlich an die Enkel der
Söhne übertragen wird. 20
Am Ende des Buches bitte ich aber demütig die einzelnen Leser darum, dass
sie mir Elendem in einer Messe beistehen oder, wenn ich sterbe, dafür
sorgen, dass mir beigestanden wird.14 Dies verlange ich also von euch als
höchsten Lohn für meine große Mühe. Ich glaube nämlich nicht, dass mein
Werk von den Lesern zu verschmähen ist, so dass sie es ablehnen, mir diese 25
Gegenleistung darzubringen.
Jeder Mensch, der zur klaren Vernunft fähig ist, möge durch die weit
verstreuten Lehrsätze dieses Textes selbst und die verschiedenen
Erzählungen von Taten und Begebenheiten überaus angenehm und sehr
wohlgefällig sehen, was jedem Stand und jeder Verfassung der Menschen 30
zu eigen sei und dass in vielen Traktaten kaum einmal etwas Allgemeineres
i3Diese Passage lässt sich als Anspielung auf die Beschlüsse der dominikanischen
Generalkapitel von Mailand (1255) und Paris (1256) lesen, bei denen zur Sammlung von
bislang nicht dokumentierten Wundern des heiligen Dominikus aufgerufen wurde. S. Acta
Capitulorum I, S. 76 und 81f, DÜCKER, Vorstellungen von Gemeinschaft sowie die
Ausführungen in Kapitel II.3.1. der Einleitung zur Edition. Zur Frage, ob diese Passage
nachträglich eingefügt wurde, s. die kritische Diskussion in Kapitel IV. 2.2. der Einleitung zur
Edition. | 14 Vgl. die abschließende Bitte des Thomas von Cantimpre an seine Leser in Thom.
Cantimpr. BUA 11,57,69.
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Kapiteln zusammengestellt. Diesen Kapiteln habe ich auch, gemäß ihrem
Inhalt, geeignete und angemessene Exempel angefügt, die zu unseren Zeiten
oder nahe der Gegenwart geschehen sind.
Und ich habe es bei einigen gewiss vermieden, Länder, Städte oder
Gemeinden, in denen die Dinge sich zugetragen haben, beim Namen zu 5
nennen. Und zwar deswegen, weil ich sonst fiirchten müsste, den noch
Lebenden und denjenigen, die vor dieser Aufinerksamkeit für ihren Ruhm
fliehen, selbst Scham zu bereiten. So oder so geht darin demjenigen, der
nachahmen oder durchlesen will, nichts verloren. Dann und wann habe ich
auch Aussagen von Philosophen eingefiigt. 10
11 Und ich, der ich freilich unwürdig bin, habe aufgrund Eures Befehls die Kühnheit
dieses Werkes unternommen: denn Ihr habt in einem gewissen Generalkapitel den
Brüdern befohlen, dass sie in den einzelnen Ordensprovinzen erinnerungswürdige
Dinge aufschreiben sollen, wenn sich durch die Brüder oder wegen der Brüder oder
sonstiges den Brüdern Bekanntes ereignet hätte.13 11 15
Von dir also, heiliger Vater, mögen Eifer und Frucht meiner Arbeit
korrigiert werden. Und wenn es korrigiert ist, möge mein Werk unseren
verschiedenen Häusern, Söhnen und Brüdern zum raschen Abschreiben
aufgetragen werden, damit der heilige Samen reichlich an die Enkel der
Söhne übertragen wird. 20
Am Ende des Buches bitte ich aber demütig die einzelnen Leser darum, dass
sie mir Elendem in einer Messe beistehen oder, wenn ich sterbe, dafür
sorgen, dass mir beigestanden wird.14 Dies verlange ich also von euch als
höchsten Lohn für meine große Mühe. Ich glaube nämlich nicht, dass mein
Werk von den Lesern zu verschmähen ist, so dass sie es ablehnen, mir diese 25
Gegenleistung darzubringen.
Jeder Mensch, der zur klaren Vernunft fähig ist, möge durch die weit
verstreuten Lehrsätze dieses Textes selbst und die verschiedenen
Erzählungen von Taten und Begebenheiten überaus angenehm und sehr
wohlgefällig sehen, was jedem Stand und jeder Verfassung der Menschen 30
zu eigen sei und dass in vielen Traktaten kaum einmal etwas Allgemeineres
i3Diese Passage lässt sich als Anspielung auf die Beschlüsse der dominikanischen
Generalkapitel von Mailand (1255) und Paris (1256) lesen, bei denen zur Sammlung von
bislang nicht dokumentierten Wundern des heiligen Dominikus aufgerufen wurde. S. Acta
Capitulorum I, S. 76 und 81f, DÜCKER, Vorstellungen von Gemeinschaft sowie die
Ausführungen in Kapitel II.3.1. der Einleitung zur Edition. Zur Frage, ob diese Passage
nachträglich eingefügt wurde, s. die kritische Diskussion in Kapitel IV. 2.2. der Einleitung zur
Edition. | 14 Vgl. die abschließende Bitte des Thomas von Cantimpre an seine Leser in Thom.
Cantimpr. BUA 11,57,69.