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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0050
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BUA 1,4

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[3] Über die Milde des Fürsten aber sagt Seneca1, an Nero2 schreibend,
Folgendes: „Weder gehört es sich eine gewöhnliche noch eine alltägliche
Mildtätigkeit zu haben; weil es ebenso eine Grausamkeit ist, allen zu
verzeihen, wie niemandem zu verzeihen. Wir müssen dagegen Maß halten.
Aber weil Mäßigung schwierig ist, soll das, was immer künftig über diese 5
Dinge hinaus passiert, zur menschlicheren Seite hin überwiegen.“ „In
welches Haus auch immer die Milde gelangt, sie wird dieses Haus glücklich
und ruhig halten; aber je seltener sie im königlichen Haus ist, desto
wunderbarer wird sie sein.“ „Für den Vorsteher geziemt sich daher kein
wütender und unerbittlicher Zorn.“ Ich will dem Vorsteher ein 10
hervorragendes Beispiel angeben, zu dem er angeleitet werden soll, damit er
sich jedem gegenüber so zeigt, wie er sich Gott wünscht. „Milde weist nicht
nur die sittlich Besseren aus, sondern die Mächtigeren, sie ist der Schmuck
der Kaiser und zugleich ihr sicherstes Heil.“ „Einem friedlichen und ruhigen
König aber ist die treue Unterstützung der Untertanen gewiss.“ „Niemand 15
kann jedoch Diener guten und treuen Willens haben, derer er sich in
Friedenszeiten frevelhaft bedient.“ „Es ziemt sich daher diese Milde für den
Fürsten, damit er, wohin er auch kommt, alles friedlicher macht.“ „Kein
Wesen ist eigensinniger, keines muss man mit größerer Menschlichkeit
behandeln als den Menschen, keinem muss man mehr vergeben.“ „Am 20
jähzornigsten und für ihren Körperumfang am kämpferischsten sind die
Bienen und sie lassen ihre Stachel in der Wunde zurück. Der König selbst
ist ohne Stachel, wie ihr gehört habt. Die Natur wollte nicht, dass er wütend
ist, sondern von beständiger Tugend“ - und damit großen Königen ein
starkes Beispiel. „Es irrt, wer denkt, dass der König dort sicher ist, wo 25
nichts vor dem König sicher ist; sondern Sicherheit ist mit Sicherheit
abzumachen.“ „Er muss so viel fürchten, wie er gefürchtet werden will.“
„Eines ist eine unbezwingbare Hilfe und das ist die Liebe der Bürger.“
„Sowohl mit Bürgern, als auch mit Unbekannten oder Geringen muss man
umso gemäßigter umgehen, je weniger es kostet, diese niedergeschmettert 30
zu haben.“

^Lucius Annaeus Seneca der Jüngere, gest. 65 n. Chr, Politiker und Philosoph. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1. | ^Lucius Domitius Ahenobarbus „Nero" (37-68
n.Chr), Römischer Kaiser. Ihm widmete Seneca seine Mahnschrift De clementia. S. hierzu
SHOFIELD, Seneca on Monarchy.
 
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