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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0058
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BUA 1,6

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6. Der König der Bienen „wird an seiner Stirn von einem bestimmten
Fleck“ weiß erleuchtet „wie von einer gewissen Krone.“
[1] Und dasselbe wird dem Propheten Zacharias befohlen: Nimm „Silber
und Gold und du wirst eine Krone auf dem Haupt Jesu machen“. Wofür
steht das Silber, wenn nicht für die Rede des Herrn, eine reine Rede? Und 5
wofür das Gold, wenn nicht für die Reinheit und Kostbarkeit des
Gewissens? Ein guter Vorsteher trägt Kronen aus diesen Elementen auf dem
Haupt, solange er die Worte der Wahrheit, welche er anderen predigt, selbst
in seinem Geist trägt und bei der Arbeit den Nächsten draußen zeigt.
[2] Als Kronen können wir wortwörtlich und gemäß den Regeln der Kirche 10
die fnfüln der Vorsteher bezeichnen, die zu gebrauchen nicht allen, sondern
fast nur den Bischöfen gestattet ist.1 Dennoch haben gewisse Äbte diese
neuerdings mit großem Finanzaufwand missbräuchlich verwendet.
Missbräuchlich, sage ich, außer wenn ich den Gebrauch an wenigen Tagen
als gegen das bürgerliche Recht bezeichne; dieses sieht eigentlich keinen 15
Gebrauch auf Zeit vor, außer wenn das rechtmäßige Lebensalter eines
Menschen in achtzig Jahren diesen Gebrauch vollkommener gutgeheißen
hätte. Ich bin aber sicher, dass dies außer in den wenigsten und sehr
besonderen Klöstern in Frankreich, wie im Kloster Saint-Denis2 oder in
Cluny,3 denen dies wegen ihrer hervorragenden Lebensführung durch 20
spezielle Privilegien dennoch erlaubt war, in früheren Zeiten nicht geschah.
Diese Kronen gebrauchen Kardinäle der römischen Kurie auf würdige
Weise, die begabt mit doppeltem Wissen - nämlich dem Wissen des Neuen
und des Alten Testaments - die ganze Welt zu beherrschen scheinen. Und

xBei der Inful handelte es sich ursprünglich um eine breite weiße Binde aus Wolle, die um die
Stirn gelegt wurde. Sie war in der Antike Bestandteil der priesterlichen Tracht. Im Mittelalter
galt die Inful als Ausweis der bischöflichen Würde, allerdings auf zwei Bedeutungsebenen: Inful
wurde einerseits synonym für die Mitra verwendet, die wohl seit dem 11. Jahrhundert zu den
Pontifikalien gehörte; andererseits verstand man unter Inful die Bänder, die von der
bischöflichen Mitra herabhingen. S. dazu SCHMIDT, Mitra, besonders S. 105-107. | ^Fränkische
Königsabtei sowie Grablege der fränkischen bzw. französischen Könige, seit dem 9.
Jahrhundert Benediktinerabtei. Zu Geschichte, Topographie und Wirkmacht s. aus der
reichhaltigen Literatur beispielsweise die Beiträge in: Saint-Denis dans l'eternite, hg.
Delannoye/Deremble/Bande sowie JORDAN, A Tale of Two Monasteries. | ^Benediktinerabtei,
910 gegründet und seit Erlass der päpstlichen Reformlizenz 931 Zentrum der benediktinischen
Reformbewegung (Cluniazenser). S. zur Geschichte und Bedeutung CONSTABLE, Cluny from the
Tenth to the Twelfth Centuries, die Beiträge in Cluny, hg. HUREL RlCHE sowie in Cluny, hg.
Iogna-PratLauwersMazel Rose.
 
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