BUA 1,6
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dies beweist die Tatsache, dass zwei Hörner an ihren Infüln hervorstehen.4
Und sicherlich haben diese Hörner gerade bei jenen, die sie neuerdings
gebrauchen, keinesfalls einen Platz.
[3] Mit Scham gebe ich nun wieder, was ich gesehen habe: Das Kloster von
5 Anchin5 ist das größte und einträglichste Kloster in der Diözese von Arras.6 5
Der Abt7 dieses Klosters, der kaum die Grundlagen und Bestandteile der
geistlichen Regel kannte, eignete sich für eine solche Menge an Geld eine
Mütze mit diesen Hörnern an, dass er seine Kirche zu einer Zahlung von
zehntausend Pfund verpflichtete. Eine durch und durch schändliche und
10 vollkommen lächerliche Sache! Es folgt: 10
'Die mit comua bezeichneten kornartigen Auswölbungen der Mitra entstanden durch deren
Verzierung: ein Zierstreifen an der Scheitellinie schnürte die Mitra zusammen und schuf so die
„Hörner” der Mitra. Im 12. Jahrhundert wurde diese spezifische Form der Mitra typologisch
ausgedeutet, beispielsweise mit der Deutung der Hörner als Repräsentationen des Alten und
Neuen Testaments: diese Interpretation spricht auch Thomas von Cantimpre an. Die Kardinale
verfügten seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert über das Recht auf das Tragen der Mitra. Seit
dem 12. und 13. Jahrhundert jedoch wurde die Mitra auch an Äbte oder Vorsteher von
Domkapiteln verliehen, womit die Mitra als bischöfliches Zeichen ihren Alleinstellungsrang
verlor. Dieser Entwicklung gilt die Kritik des Thomas von Cantimpre. S. dazu SCHMIDT, Mitra,
S. 105-110. | 5Benediktinerkloster, gegründet 1079. S. zur Geschichte GERZAGUET, E'abbaye
d'Anchin sowie ESCALLIER, L'abbaye d'Anchin. | 'Zur Geschichte der Diözese Arras s. die
ausführliche Darstellung bei Delmaire, Le diocese, Bd. 1 (bes. S. 304-311 zu den kirchlichen
Finanzbestimmungen und deren zeitgenössischem Missbrauch, der auch im folgenden Exempel
kritisiert wird). | ''Simon II. (gest. 1234), Abt von Anchin. S. ESCALLIER, L'abbaye dAnchin, S.
141-146 sowie GERZAGUET, L'abbaye d'Anchin, S. 135-138.
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dies beweist die Tatsache, dass zwei Hörner an ihren Infüln hervorstehen.4
Und sicherlich haben diese Hörner gerade bei jenen, die sie neuerdings
gebrauchen, keinesfalls einen Platz.
[3] Mit Scham gebe ich nun wieder, was ich gesehen habe: Das Kloster von
5 Anchin5 ist das größte und einträglichste Kloster in der Diözese von Arras.6 5
Der Abt7 dieses Klosters, der kaum die Grundlagen und Bestandteile der
geistlichen Regel kannte, eignete sich für eine solche Menge an Geld eine
Mütze mit diesen Hörnern an, dass er seine Kirche zu einer Zahlung von
zehntausend Pfund verpflichtete. Eine durch und durch schändliche und
10 vollkommen lächerliche Sache! Es folgt: 10
'Die mit comua bezeichneten kornartigen Auswölbungen der Mitra entstanden durch deren
Verzierung: ein Zierstreifen an der Scheitellinie schnürte die Mitra zusammen und schuf so die
„Hörner” der Mitra. Im 12. Jahrhundert wurde diese spezifische Form der Mitra typologisch
ausgedeutet, beispielsweise mit der Deutung der Hörner als Repräsentationen des Alten und
Neuen Testaments: diese Interpretation spricht auch Thomas von Cantimpre an. Die Kardinale
verfügten seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert über das Recht auf das Tragen der Mitra. Seit
dem 12. und 13. Jahrhundert jedoch wurde die Mitra auch an Äbte oder Vorsteher von
Domkapiteln verliehen, womit die Mitra als bischöfliches Zeichen ihren Alleinstellungsrang
verlor. Dieser Entwicklung gilt die Kritik des Thomas von Cantimpre. S. dazu SCHMIDT, Mitra,
S. 105-110. | 5Benediktinerkloster, gegründet 1079. S. zur Geschichte GERZAGUET, E'abbaye
d'Anchin sowie ESCALLIER, L'abbaye d'Anchin. | 'Zur Geschichte der Diözese Arras s. die
ausführliche Darstellung bei Delmaire, Le diocese, Bd. 1 (bes. S. 304-311 zu den kirchlichen
Finanzbestimmungen und deren zeitgenössischem Missbrauch, der auch im folgenden Exempel
kritisiert wird). | ''Simon II. (gest. 1234), Abt von Anchin. S. ESCALLIER, L'abbaye dAnchin, S.
141-146 sowie GERZAGUET, L'abbaye d'Anchin, S. 135-138.