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7. Verglichen mit den Übrigen wird der König nicht mit dem
bemerkenswerten Zeichen eines anderen Schmucks ausgestattet.
[1] Hier wird überflüssiger Schmuck bei einem Vorsteher verurteilt. Daher
sagt jener große Vorsteher, der heilige Bischof Augustinus, Folgendes: Für
einen Bischof ziemt sich Purpur vielleicht, aber keineswegs für Augustinus1. 5
Auf dem Bild des hochheiligen Vaters Augustinus liest man eine Aufschrift
mit folgenden Versen:
Die siebzigfache Ordnung der Edelsteine bezeichnet die siebzig
Himmel, denen er voranstand.
Für seine Verdienste ist ihm allein eine solche Macht verliehen worden, 10
und nie folgte ihm ein Hirte von gleichem Rang.
Wenn sich also der Schmuck für Augustinus nicht ziemte, als er noch lebte,
wie wird er sich dann für einen klösterlich Lebenden, wie wichtig er auch
immer sein mag, ziemen?
[2] || Ach! Wiederum berichte ich mit großem Errötem noch gewichtiger, was ich gesehen 15
habe:|| Auf einer Reise begegnete mir ein gewisser Abt eines erhabeneren
Ordens mit der Unterstützung vieler Reiter und einem Gefolge, so dass ich
eher geglaubt hätte, einen Herzog oder Grafen vor mir zu haben, wenn ich
ihn nicht am Gesicht erkannt hätte. Er hatte das runde Übergewand2 des
priesterlichen Habits verschmäht und trug einen Mantel3, den die Franzosen 20
,Hund‘ nennen. Seine Kleidung war aus scharlachrotem Tuch gefüttert und
berührte kaum beide Knie. Er hatte Stiefel an den Beinen, als ob diese ihm
angeboren wären, und ohne dass sie von Falten gedehnt waren. Nichts
anderes fehlte als der Kranz auf dem Kopf, um nicht von ihm als Ritter
eines neuen Turniers zu sprechen. O weh! Wo ist der Rat des nach 25
Jerusalem kommenden Fürsten Christus? Wo ist der edelste Johannes der
1Hl. Augustinus (354-430), Kirchenlehrer, seit 396 Bischof von Hippo Regius. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1. | 3Die sogenannte cappa rotunda war ein
Übergewand, das einen runden Schnitt hatte. S. dazu VON HÜLSEN-ESCH, Gelehrte im Bild, S.
78-87. | 3Bei dem tabardum handelte es sich um einen Mantel mit Ärmeln, der seit Ende des 13.
Jahrhunderts als obligatorische Bekleidung für universitäre Gelehrte in Frankreich und Italien
nachgewiesen ist. S. dazu VONHÜLSEN-ESCH, Gelehrte im Bild, S. 78-87. In der Druckausgabe
Colvl627, Kommentar, S. 10 11, wird diese Bekleidung als belgisches Gewand bezeichnet,
für das die Bezeichnungen vlieger oder vlieghen geläufig seien.
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7. Verglichen mit den Übrigen wird der König nicht mit dem
bemerkenswerten Zeichen eines anderen Schmucks ausgestattet.
[1] Hier wird überflüssiger Schmuck bei einem Vorsteher verurteilt. Daher
sagt jener große Vorsteher, der heilige Bischof Augustinus, Folgendes: Für
einen Bischof ziemt sich Purpur vielleicht, aber keineswegs für Augustinus1. 5
Auf dem Bild des hochheiligen Vaters Augustinus liest man eine Aufschrift
mit folgenden Versen:
Die siebzigfache Ordnung der Edelsteine bezeichnet die siebzig
Himmel, denen er voranstand.
Für seine Verdienste ist ihm allein eine solche Macht verliehen worden, 10
und nie folgte ihm ein Hirte von gleichem Rang.
Wenn sich also der Schmuck für Augustinus nicht ziemte, als er noch lebte,
wie wird er sich dann für einen klösterlich Lebenden, wie wichtig er auch
immer sein mag, ziemen?
[2] || Ach! Wiederum berichte ich mit großem Errötem noch gewichtiger, was ich gesehen 15
habe:|| Auf einer Reise begegnete mir ein gewisser Abt eines erhabeneren
Ordens mit der Unterstützung vieler Reiter und einem Gefolge, so dass ich
eher geglaubt hätte, einen Herzog oder Grafen vor mir zu haben, wenn ich
ihn nicht am Gesicht erkannt hätte. Er hatte das runde Übergewand2 des
priesterlichen Habits verschmäht und trug einen Mantel3, den die Franzosen 20
,Hund‘ nennen. Seine Kleidung war aus scharlachrotem Tuch gefüttert und
berührte kaum beide Knie. Er hatte Stiefel an den Beinen, als ob diese ihm
angeboren wären, und ohne dass sie von Falten gedehnt waren. Nichts
anderes fehlte als der Kranz auf dem Kopf, um nicht von ihm als Ritter
eines neuen Turniers zu sprechen. O weh! Wo ist der Rat des nach 25
Jerusalem kommenden Fürsten Christus? Wo ist der edelste Johannes der
1Hl. Augustinus (354-430), Kirchenlehrer, seit 396 Bischof von Hippo Regius. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1. | 3Die sogenannte cappa rotunda war ein
Übergewand, das einen runden Schnitt hatte. S. dazu VON HÜLSEN-ESCH, Gelehrte im Bild, S.
78-87. | 3Bei dem tabardum handelte es sich um einen Mantel mit Ärmeln, der seit Ende des 13.
Jahrhunderts als obligatorische Bekleidung für universitäre Gelehrte in Frankreich und Italien
nachgewiesen ist. S. dazu VONHÜLSEN-ESCH, Gelehrte im Bild, S. 78-87. In der Druckausgabe
Colvl627, Kommentar, S. 10 11, wird diese Bekleidung als belgisches Gewand bezeichnet,
für das die Bezeichnungen vlieger oder vlieghen geläufig seien.