Klöster im Hochmittelalter

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BUA 1,11

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[3] Ich habe insgeheim einen Kanoniker in einem Regularorden gekannt, der
sich beharrlich Gebeten und Meditationen hingegeben hatte und ein äußerst
genauer Beobachter seines Ordens war; kaum vermochte er es, seine
Vorsteher ihm gegenüber einigermaßen zu besänftigen. Dagegen versuchte
er, bei allen Dingen folgsamer und demütiger „im Guten“ die Schlechtigkeit 5
zu besiegen, aber er schaffte es nicht. An einem Abend jedoch war er über
die Dinge, die er nicht ertragen konnte, traurig und vergoss bitterste Tränen
beim Anflehen der heiligen Märtyrer, deren Feiertag gerade bevor stand,
nämlich der des Mauritius und seiner Gefährten;1 denn er wollte durch die
Gebete an sie getröstet und auch erfreut werden. 10
Ohne Verzug: Als er nach einer langen Nachtwache das Schlafgemach
betrat, hatte er sich kaum bei einem sehr leichten Schlaf erholt, da hörte er
die Engelschöre in der Höhe singen: „Die Seelen der Heiligen sollen sich im
Himmel freuen, die den Spuren Christi gefolgt sind, und weil sie für dessen
Liebe ihr Blut vergossen, sollen sie mit Christus in Ewigkeit herrschen.“ Er 15
hat mir aber gesagt, dass der Abstieg von Noten in dem Gesang, den wir auf
Französisch „Avallees“ nennen,2 von solch großer Melodie und Süße war,
dass wenn Gott ihn nicht auf andere Weise zum Leben bestimmt hätte, sie
beinahe unwiederbringlich seine Seele aus dem Körper gerissen hätten. Und
weil er nun in jener Zeit von einer sehr schweren Krankheit gefesselt war, 20
wurde er allein durch den Genuss des Gesangs selbst sowohl im Körper als
auch im Geist so wohl behütet, dass ihn später kaum eine Bestürzung, wie
groß auch immer, hätte verletzen können.
Sei also emsig einem wie auch immer beschaffenen Vorsteher gegenüber,
und besonders, wenn er gut ist. Und du sollst dich freuen, dass dir bei 25
deinem Dienst zugesehen wird, wenn du nur verstehst, dass er sich mit
aufrechtem Herzen mit dir freut. Es folgt:

Mauritius (gest. Ende des 3. Jh.), Führer der Thebaischen Legion, Heiliger Gedenktag am 22.
September. | ^-Mehrstimmiger Gesang fdiscantusj, dessen Intervalle bei absteigender Tonfolge
quintiert wurden. S. dazu mit weiteren Belegen aus der französischen Literatur des 14.
Jahrhunderts FULLER, Discant, besonders S. 256-257.