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20. „Wenn irgendeine Biene erschöpft ist oder sich zufällig“ verirrt,
„geleitet der König sie durch seinen Geruch“, das heißt: um ihr
Erholung zu verschaffen und sie zurückzuführen. Er verschafft der
Erschöpften Erholung und führt die Irrende zurück.
[1] Man kann sagen, dass derjenige müde ist, der den zu gehenden Weg der 5
Gebote Gottes entweder gänzlich aufgegeben hat oder im Herzen untätig ist.
Man sagt aber, dass die Biene irrt, wenn irgendein klösterlich Lebender oder
Untergebener sich nicht scheut, von der Richtigkeit der Tugend oder der
Regel auf die Schleichwege der Laster abzugehen. Solche Untergebenen
geleitet freilich ein guter Vorsteher fromm mit dem Geruch seines Ansehens 10
zum Aufspüren und Verbessern oder mit dem Geruch des demütigen Gebets
oder mit dem Geist der Gelassenheit zum Mitleid für den Schwachen, damit
er nicht zugrunde geht, wenn er gerecht handelt. Daher sagt der Prophet
über den Fürsten der Hirten, Christus, Folgendes: „Das geknickte Rohr wird
er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ 15
Wehe also jenen, die ihre Untergebenen mit allzu großer Strenge
zerbrechen, und wehe besonders jenen, die sie mit Beispielen für eine
schlechte Lebensführung auslöschen.
[2] Wie ich etwa aus der Erzählung des Magister Johannes von Lüttich1
erfahren habe, erschien Petrus, der Fürst der Apostel, einem gewissen 20
Vorsteher, der über viele Jahre schlecht herrschte, auf dem Krankenbett mit
strenger Miene und drängte den Widerspenstigen ein offenes Buch zu lesen.
In dem Buch aber stand Folgendes geschrieben: „Du tötetest , Seelen, die
nicht sterben‘, und du belebtest ,Seelen, die nicht leben“4. Als jener allzu
sehr davor zurückschreckte, noch mehr zu lesen, und es mit seinem 25
Gesichtsausdruck verweigerte, drängte der Apostel Petrus noch ernster
darauf, dass er zumindest eine Glosse von dem Text lese, die am Rand
geschrieben stand. Gezwungen las er also: „Wann führst du die Seelen aus
der Hölle zurück, die du durch dein schlechtes Vorbild im Stich gelassen
^Offenbar Johannes von Nivelles (gest. 1233), seit 1200 1202 Kanoniker in St. Jean in Lüttich,
ab 1207 Mitglied der Augustiner-Chorherrengemeinschaft von Oignies, 1216 von Papst
Innozenz III. (Lothar von Segni, 1160 61-1216; Papst seit 1198) mit der Kreuzzugspredigt sowie
1219 von Papst Honorius III. (Cencio Savelli, ca. 1160-1227; Papst seit 1216) mit der
Kreuzzugskollekte beauftragt. S. zu Johannes ’ Leben und Wirken VON DER OSTEN-SACKEN, Jakob
von Vitrys „Vita Mariae Oigniacensis“, S. 131-133 sowie PENARDY, Les maitres, Nr 496, S.
361-63.
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20. „Wenn irgendeine Biene erschöpft ist oder sich zufällig“ verirrt,
„geleitet der König sie durch seinen Geruch“, das heißt: um ihr
Erholung zu verschaffen und sie zurückzuführen. Er verschafft der
Erschöpften Erholung und führt die Irrende zurück.
[1] Man kann sagen, dass derjenige müde ist, der den zu gehenden Weg der 5
Gebote Gottes entweder gänzlich aufgegeben hat oder im Herzen untätig ist.
Man sagt aber, dass die Biene irrt, wenn irgendein klösterlich Lebender oder
Untergebener sich nicht scheut, von der Richtigkeit der Tugend oder der
Regel auf die Schleichwege der Laster abzugehen. Solche Untergebenen
geleitet freilich ein guter Vorsteher fromm mit dem Geruch seines Ansehens 10
zum Aufspüren und Verbessern oder mit dem Geruch des demütigen Gebets
oder mit dem Geist der Gelassenheit zum Mitleid für den Schwachen, damit
er nicht zugrunde geht, wenn er gerecht handelt. Daher sagt der Prophet
über den Fürsten der Hirten, Christus, Folgendes: „Das geknickte Rohr wird
er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ 15
Wehe also jenen, die ihre Untergebenen mit allzu großer Strenge
zerbrechen, und wehe besonders jenen, die sie mit Beispielen für eine
schlechte Lebensführung auslöschen.
[2] Wie ich etwa aus der Erzählung des Magister Johannes von Lüttich1
erfahren habe, erschien Petrus, der Fürst der Apostel, einem gewissen 20
Vorsteher, der über viele Jahre schlecht herrschte, auf dem Krankenbett mit
strenger Miene und drängte den Widerspenstigen ein offenes Buch zu lesen.
In dem Buch aber stand Folgendes geschrieben: „Du tötetest , Seelen, die
nicht sterben‘, und du belebtest ,Seelen, die nicht leben“4. Als jener allzu
sehr davor zurückschreckte, noch mehr zu lesen, und es mit seinem 25
Gesichtsausdruck verweigerte, drängte der Apostel Petrus noch ernster
darauf, dass er zumindest eine Glosse von dem Text lese, die am Rand
geschrieben stand. Gezwungen las er also: „Wann führst du die Seelen aus
der Hölle zurück, die du durch dein schlechtes Vorbild im Stich gelassen
^Offenbar Johannes von Nivelles (gest. 1233), seit 1200 1202 Kanoniker in St. Jean in Lüttich,
ab 1207 Mitglied der Augustiner-Chorherrengemeinschaft von Oignies, 1216 von Papst
Innozenz III. (Lothar von Segni, 1160 61-1216; Papst seit 1198) mit der Kreuzzugspredigt sowie
1219 von Papst Honorius III. (Cencio Savelli, ca. 1160-1227; Papst seit 1216) mit der
Kreuzzugskollekte beauftragt. S. zu Johannes ’ Leben und Wirken VON DER OSTEN-SACKEN, Jakob
von Vitrys „Vita Mariae Oigniacensis“, S. 131-133 sowie PENARDY, Les maitres, Nr 496, S.
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