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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0238
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BUA 11,1

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[8] Ein gewisser Bruder des Dominikanerordens in der Provinz Dacia,10 Nikolaus
mit Namen, berichtete mir, was ich erzählen werde. Derselbe Bruder war in Bologna
Rechtsstudent und noch Weltlicher gewesen, als er dies sah, was er berichtete.11 Es
stand dort Bruder Johannes und predigte zum zusammenlaufenden Stadtvolk. Er sah
aber und war betrübt, dass beinahe das ganze Volk mit Kränzen aus Rosen gekrönt 5
um ihn herumsaß. Nachdem er seine Predigt beendet hatte, sagte er zu allen: „Es
sollte die Glieder des frommen Volkes schämen, sich unter dem mit der
Dornenkrone versehenen Haupt Christi mit Rosen oder Blumen zu bekränzen.“ Und
er fügte hinzu: „Ich exkommuniziere die Kränze aus Rosen. Nicht das Volk, sondern
die Kränze, derer sich jenes in Sünde bedient.“ Also hörte das Volk - vom 10
Höhergestellten bis zum Rangniederen - auf, Kränze zu tragen, und es gab
niemanden, der es wagte, das Gebot des Heiligen zu übertreten. Aber nach einigen
Tagen sollte in der Stadt eine Hochzeit gefeiert werden und es war auch ein junger
Knabe anwesend, der einen solchen Kranz aus Rosen in der Hand trug. Als dies ein
gewisser hochmütiger junger Mann sah, entriss er den Kranz den Händen des 15
Knaben und platzierte ihn trotzig auf seinem Kopf. Sofort ergriff eine gefräßige
Flamme den Kranz, und bevor der junge Mann jenen ablegen konnte, verbrannte sie
alle Haare auf seinem Kopf. Das Volk lernte also in Staunen versetzt die Worte des
heiligen Mannes zu fürchten und pries in dessen Taten für alles den Herrn.
[9] Außerdem habe ich durch die Erzählung eines Predigerbruders erfahren, dass 20
der besagte ehrwürdige Bruder Johannes bei der Erhebung des Körpers des heiligen
Dominikus12 mit den übrigen Brüdern in Bologna anwesend war.13 Nachdem aber
ein gewisser Kardinalbischof14 bei der Erhebung des heiligen Körpers am Kopf

wDie Ordensprovinz Dacia des Dominikanerordens umfasste geographisch die mittelalterlichen
Königreiche Dänemark, Schweden und Norwegen. S. hierzu SCHÜTZ, Hüter der Wirklichkeit,
bes. S. 55-72, TUGWELL, Evolution II, S. 50-55 sowie JAKOBSEN, Fratres regulares. | nEine
nähere Bestimmung des skandinavischen Predigerbruders ist mit diesen dürftigen
Kontextinformationen kaum möglich. SCHÜTZ, Hüter der Wirklichkeit, S. 135, verweist zwar auf
einen Nicholaus Swir, der in einer Anordnung der Provinzkapitelsakten von 1291 aufgefordert
wurde, von seinem Studienort Oxford in die Dacia zurückzukehren; Zeit und Raum passen
jedoch nicht zu Thomas' Beschreibung. Der ebd., S. 57, benannte Nikolaus von Lund trat
dagegen als Kleriker in den Predigerorden ein; mit einem Rechtsstudium oder gar Bologna lässt
sich seine Person nicht in Verbindung bringen. S. außerdem bei SCHÜTZ, Hüter der Wirklichkeit,
S. 309-311, die prosopographische Zusammenstellung skandinavischer Lektoren. | nHl.
Dominikus (um 1170-1221), Gründer des Ordens der Predigerbrüder fordo fratrum
predi catorum/ der nach ihm „Dominikanerorden“ genannt wurde. S. zu ihm aus der Fülle der
Literatur VlCAIRE, Geschichte sowie HELLMEIER, Dominikus. | i3Das Grab des hl. Dominikus
wurde in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 1233 von Vertretern des Dominikanerordens
geöffnet, weil die erhaltenen Reliquien umgebettet werden sollten. S. hierzu VlCAIRE, Geschichte,
Bd. 2, S. 255-258. | 14dn der feierlichen Grabesöffnung nahmen der Beschreibung bei VlCAIRE
zufolge mehrere Predigerbrüder sowie Heinrich von Fratta, der Bischof von Bologna, mit
einigen örtlichen Klerikern teil; ein Kardinal wird unter den Teilnehmern nicht erwähnt. S.
VlCAIRE, Geschichte, Bd. 2, S. 257.
 
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