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BUA 11,9
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9. Alle werden ohne Unterschied zur Arbeit herausgetrieben.
[1] Siehe, welch große Emsigkeit bei der Arbeit allen nahegelegt wird. Und
dies ist, was Paulus sagt: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Jener
herausragende Orden der Zisterzienser achtet gleichsam mit größter Mühe
darauf, dass ihre Prioren nicht, außer bei größter Notwendigkeit, von der 5
Arbeit befreit werden.1 Und was Wunder, wenn die Untergeben gemeinsam
mit den Vorstehern, wenn die Kinder gemeinsam mit den Eltern
eigenhändig zum Guten hinarbeiten, wo Vorsteher die Untergebenen und
Eltern ihre Söhne als Vorbild an Mühe übertreffen. Wo aber dies nicht
geschieht und die Söhne betäubt sind vor Trägheit, hervorgerufen durch die 10
Untätigkeit der Eltern, wirst du erkennen, dass diesen die Gefahr der Armut
und Ungerechtigkeit droht.
[2] Ich habe einen jungen Mann gesehen, durch dessen höchst bittere
Erzählung ich mich an das erinnere, was ich nun anfüge. Dieser lebte durch
die Arbeit der Hände seiner frommen Brüder. Er selbst aber war faul und 15
widmete sich Muße und Unlust. Und es geschah durch eine göttliche Strafe,
dass sich, als er mit seinem Vater und seinen Brüdern am Esstisch saß, die
Nahrung in Schlangen verwandelte (was sich allein ihm zeigte), jedoch ohne
dass sich der Geschmack der einschüchtemden Dinge änderte. Als sich
dieser Zustand über einige Tage hinweg verschlechterte, wurde er 20
schließlich durch eine Änderung im Plan des Lebens erlöst und geheilt. Es
folgt:
Alle Mitglieder eines Zisterzienserklosters (also auch Äbte und Prioren) waren zu manueller
Arbeit verpflichtet. Vgl. dazu Instituta, cap. 5, S. 247 (Monachis nostri Ordinis debet provenire
victus de labore manuum, de cultu terrarum, de nutrimento pecorum...). Spätestens seit
Bernhard von Clairvaux wurde der Begriff labor jedoch erweitert gedacht: neben manueller
Arbeit (z.B. auf dem Feld) wurde auch geistige Arbeit, beispielsweise in Form von Predigten,
darunter verstanden. S. dazu SCHREINER, Körperliche Arbeit.
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9. Alle werden ohne Unterschied zur Arbeit herausgetrieben.
[1] Siehe, welch große Emsigkeit bei der Arbeit allen nahegelegt wird. Und
dies ist, was Paulus sagt: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Jener
herausragende Orden der Zisterzienser achtet gleichsam mit größter Mühe
darauf, dass ihre Prioren nicht, außer bei größter Notwendigkeit, von der 5
Arbeit befreit werden.1 Und was Wunder, wenn die Untergeben gemeinsam
mit den Vorstehern, wenn die Kinder gemeinsam mit den Eltern
eigenhändig zum Guten hinarbeiten, wo Vorsteher die Untergebenen und
Eltern ihre Söhne als Vorbild an Mühe übertreffen. Wo aber dies nicht
geschieht und die Söhne betäubt sind vor Trägheit, hervorgerufen durch die 10
Untätigkeit der Eltern, wirst du erkennen, dass diesen die Gefahr der Armut
und Ungerechtigkeit droht.
[2] Ich habe einen jungen Mann gesehen, durch dessen höchst bittere
Erzählung ich mich an das erinnere, was ich nun anfüge. Dieser lebte durch
die Arbeit der Hände seiner frommen Brüder. Er selbst aber war faul und 15
widmete sich Muße und Unlust. Und es geschah durch eine göttliche Strafe,
dass sich, als er mit seinem Vater und seinen Brüdern am Esstisch saß, die
Nahrung in Schlangen verwandelte (was sich allein ihm zeigte), jedoch ohne
dass sich der Geschmack der einschüchtemden Dinge änderte. Als sich
dieser Zustand über einige Tage hinweg verschlechterte, wurde er 20
schließlich durch eine Änderung im Plan des Lebens erlöst und geheilt. Es
folgt:
Alle Mitglieder eines Zisterzienserklosters (also auch Äbte und Prioren) waren zu manueller
Arbeit verpflichtet. Vgl. dazu Instituta, cap. 5, S. 247 (Monachis nostri Ordinis debet provenire
victus de labore manuum, de cultu terrarum, de nutrimento pecorum...). Spätestens seit
Bernhard von Clairvaux wurde der Begriff labor jedoch erweitert gedacht: neben manueller
Arbeit (z.B. auf dem Feld) wurde auch geistige Arbeit, beispielsweise in Form von Predigten,
darunter verstanden. S. dazu SCHREINER, Körperliche Arbeit.