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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0356
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BUA 11,10

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[29] In Brabant sah daher ein gewisser Mann von bestem Ruf durch eine
geistige Ekstase gleichsam die ganze Kirche unter dem Himmel versammelt,
und er sah, dass der Predigerorden mit allen Orden auf einzelne Personen
mit funkelnden Strahlen blitzte. Wenig später aber sah er, wie sich über die
ganze Welt eine schreckliche Finsternis ergoss, so dass auf dem ganzen 5
Erdkreis kaum Licht gesehen wurde. Als er dies sah, stöhnte er schwer auf;
aber wenig später war die Dunkelheit aufgelöst und das frühere Licht wurde
allen zurückgegeben. Er sah auch in jener allgemeinen Versammlung von
Kirchenpersonen einen Mann von größter Autorität gleichsam mit
besonderer Herrlichkeit deutlich hervorragen. Als er staunend fragte, wer 10
dies sei, wurde ihm geantwortet: Dies ist Paulus, der Apostel, er ist der
hervorragende Gelehrte der Kirche, der mit viel Mitleid beklagt, dass seit
seinen Zeiten die heilige universale Kirche niemals in einer so schweren
Gefahr geschwebt habe.
[30] Und siehe, Leser, die Klarheit dieser Wahrheit. Wenn nämlich solch 15
vollkommenen, solch besonnenen und höchst gelehrten Männern die
Münder verschlossen worden wären, so dass sie nicht hätten studieren,
unterrichten, predigen oder Beichten hören können, und wenn dies zu tun
allein den Säkularklerikem erlaubt gewesen wäre, deren weitaus größter
Teil, vor allem bei den Pfarreipriestem, von ihrer Lebensführung und ihrem 20
Wissen her für wenig geeignet gehalten wird, welch großer Schaden würde
dann an den Seelen geschehen, die der Schöpfer und Fürst unseres Heils,
Jesus, mit seinem kostbaren Blut erlöst hat? O wie wenige gibt es unter
ihnen, die nicht allein das suchen, das Ihres ist, und am wenigsten das, was
Jesus Christus’ ist. Sie wollen lieber die ihnen anvertrauten wunden Seelen 25
das ganze Jahr hindurch in Bezug auf die Todsünden täuschen, so wie sie
ihr mit einem Nagel am Huf verletztes Pferd, das an einem oder zwei Tagen
lahmt, verachten.
 
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