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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0534
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BUA 11,29

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29. „Alle Bienen besitzen die Unversehrtheit eines jungfräulichen
Körpers.“
[1] Weder vereinigen sie sich nämlich mit irgendeiner unter ihnen im
Beischlaf, noch lassen sie sich in Lust gehen, und dennoch werfen sie einen
sehr großen Schwarm an Söhnen. Und darin kann gemäß der Schrift ein 5
besonderes Wunder und eines der verborgensten Geheimnisse der Natur
erkannt werden. Wenn man dies also bei den kleinsten Tieren so vorfindet,
was kritisierst du dann, bösartiger Jude, dass bei den Christen eine Jungfrau
ein Kind geboren hat? Und dass sie nicht nur irgendeinen Menschen,
sondern Christus zur Welt gebracht hat, von dem wir glauben, dass er als 10
Messias gekommen ist, und über den ihr sagt, dass er kommen wird. Du
sollst sehen, Jude, dass Christus geboren wurde, und dich nicht über die
Jungfrauengeburt wundem.
[2] Beachte, Leser, wie bemerkenswert es heißt: „Alle besitzen die
Unversehrtheit eines jungfräulichen Körpers.“ Warum also hat Gott es 15
diesen so wie auch anderen Tieren nicht bestimmt, sich zu vermischen?
Weil er - ich glaube es vollkommen und bezweifle es nicht - auch den
Menschen ein Beispiel an Jungfräulichkeit geben und offensichtlich zeigen
wollte, wie schädlich es ist, sich in der Lust außerordentlich gehen zu
lassen. 20
[3] Es kann aber gefragt werden, warum beim alten Volk Gottes
jungfräuliche Unversehrtheit nicht empfohlen wurde und nun nach der
Ankunft Christi die einsamen Wüsten der Jungfräulichkeit mit Lilien
geschmückt werden. Ein Grund war die Fortpflanzung des menschlichen
Geschlechts und am meisten die des Volkes Gottes. Ein zweiter Grund war, 25
dass jenes rohe Volk buchstäblich den Fluch der Unfruchtbarkeit fürchtete.
Daher geriet die Tochter Jeftahs in Angst als Jungfrau zu sterben und
verlangte vom Vater eine Zeit von gerade drei Monaten, um ihre
 
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