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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0592
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BUA 11,29

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sich im Schiff aufhehmen. Aber jener fürchtete Gott nicht und hatte auch
keine Ehrfurcht vor dem Bruder, sondern fuhr mit gehisstem Segel aus dem
Hafen. Daraufhin war der Bruder schwer beunruhigt, denn die Aufgabe der
Überfahrt war dringend. Nach Gebeten und Tränen fasste er Zuversicht im
Geiste und durchwanderte schließlich, nachdem er den Mitbruder zum 5
Folgen ermutigt hatte, mit lediglich an den äußersten Stellen befeuchteten
Kleidern die Wellen des tiefen Meeres. Wenig später, als der Seemann
zurücksah, erschrak er und nahm die Brüder bald, nachdem er sein Schiff
mit Schnelligkeit gewendet hatte, auf, und er erlangte, da er unter Tränen
um Gnade bat, Vergebung. Ich habe einen dem Glauben äußerst würdigen 10
Mann gesehen, der denselben Bruder in den Fluten wandern sah und mir
dies unter in größter Demut vergossenen Tränen berichtete.
[28] In dem der ruhmreichen Jungfrau besonders ergebenen
Zisterzienserorden wird über sehr viele Wundergeschehen berichtet, die
einige von diesen durch erinnerungswürdige Schriften überliefert haben. 15
Wir erzählen dennoch eines, das zu unserer Zeit geschehen ist, mag es auch
sein, dass es vielleicht schon aufgezeichnet worden ist. Das Kloster Foigny
dieses Ordens ist sehr berühmt und begütert.45 Es geschah aber, dass sich
durch eine Verdunkelung am Himmel ein sehr schwerer Sturm in der Luft
ankündigte, und so kam es auch. Nachdem von überallher am Himmel 20
blitzendes Leuchten verstreut worden war, folgten auch Blitzschläge. Als
die Mönche dies sahen, flüchteten sie um die Wette zur Kirche, wo sie,
nachdem der Konvent vollständig im Chor zusammengekommen war,
sahen, dass der Heimat und insbesondere dem Kloster Gefahr drohte. Sie
begannen also mit den höchsten Stimmen zu singen: „Sei gegrüßt, Königin 25
der Barmherzigkeit“, und nachdem sie im Wechselgesang an jene Stelle
gekommen waren, die da lautet: „Wohlan, wende jene deine barmherzigen
Augen zu uns, unsere Fürsprecherin“, zertrümmerte plötzlich ein sehr
heftiger aus dem Westen kommender Windstoß unter schrecklichem
Donnerkrachen mit einem so gewaltigen Schlag alle gläsernen Fenster der 30
Kirche vollständig, dass die auf äußerst festem Fundament errichtete Kirche

^Zisterzienserkloster in der Picardie, um 1121 von Bernhard von Clairvaux als Tochterkloster
von Clairvaux gegründet. S. hierzu DOYEN, Chäteaux, abbayes etpeuplement, S. 125-128.
 
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