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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0632
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BUA 11,30

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Beischlaf gestorben und in gleicher Weise verbunden mit scheußlich gekrümmten
Schenkeln und Gliedern, so dass die Erstarrten13 auf keine Weise voneinander getrennt
werden konnten. || Die Nonne aber war wie der gesamte Haushalt entsetzt, und
weil sie vor Scham die Tat verbergen wollten, aber nicht konnten, wurden
die aufgefundenen Körper der beiden zum Schrecken und Ärgernis vieler so 5
begraben, wie sie gefunden worden waren.
[21] Aber hierauf kann gefragt werden, ob es auf wundersame oder
natürliche Weise geschehen ist, was ich erzählt habe. Und ich antworte:
Sowohl auf natürliche als auch auf wundersame Weise. Auf wundersame
Weise als Beispiel für eine verabscheuenswürdige Tat, damit sie vermieden 10
werde; auf natürliche Weise, weil lebende Wesen vor allzu großem Eifer der
Lust in der Ausschweifung selbst und durch die Ergötzlichkeit des
Beischlafes erschöpft werden und ein über die Maße erweitertes Herz sich
nicht öffnen kann, sondern durch plötzliche Bewegungen dahingerafft wird.
[22] Was aber die Philosophen von der Genusssucht und der schändlichen 15
Liebe und der Unkeuschheit halten, wollen wir nun hören. Menschen, die
der Genusssucht ergeben sind, „lassen sich in Gelüsten versinken, auf die
sie, wenn sie an sie gewöhnt sind, nicht verzichten können, und deswegen
sind sie die Elendesten, weil sie dahin gekommen sind, dass ihnen die
Dinge, die eigentlich überflüssig waren, nötig geworden sind. Sie dienen 20
daher ihren Gelüsten und werden von ihnen nicht gesättigt, und sie lieben
ihr Unheil, was das Äußerste an Unheil ist. Das Unglück aber ist dann
vollzogen, wenn schändliche Dinge nicht nur erfreuen, sondern auch
gefallen, und es bleibt kein Raum für Abhilfe, wo das Sitte wird und ist, was
Laster war.“ „Es ist nämlich notwendig, dass die Gier, die das natürliche 25
Maß überschreitet, ins Maßlose ausufert. Jenes Maß nämlich hat seine
Grenze, nichtige und aus dem Genuss entstandene Dinge aber sind
grenzenlos.“ „Schändliche Liebe kann nicht gewonnen werden, außer auf
schändliche Weise.“ Und wenn man dennoch dem schändlichen
ausschweifenden Nutzen des Genusses folgt: Ich halte den, der sich 30

i3Die Übersetzung folgt der Erläuterung bei Colv1627, Kommentar S. 170.
 
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