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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0666
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BUA 11,30

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tröstete er sie und bewirkte dass sie ihr Verhalten gemäß dem, was sich
gehörte, änderte.
Sie hatte nun jedoch in allem Demut und Gehorsam vorgetäuscht und
wandte nach vielen gewundenen Umwegen, die sie unter der Anleitung der
alten Schlange versucht hatte, schließlich den Verstand zu folgendem 5
Fallstrick einer unerhörten List: Sie weinte an vielen Tagen, und der heilige
Mann konnte keinerlei Ursache für die Tränen herausbekommen, solange
bis er auf so unschuldige Weise aufrichtig, wie er war, versprach, sich
gänzlich der Förderung ihres Wohls hinzugeben. Auf diese Äußerung
antwortete die Dirne mit lautem Geschrei und Tränen Folgendes: „O 10
allmächtiger Gott, womit habe ich Ärmste dies verdient, für ein Gebet einen
so großen Diener von dir für mein Wohl zu jedwedem Verlangen zu
bekommen?“ Und jener sagte: „Erbitte ohne Scheu, was du willst und was
geschehen soll.“ Und jene sagte: „Wahrhaft weiß ich es nun, weil Gott sich
meiner erbarmt hat. Eines bleibt noch, zu dessen Durchführung ich 15
entschlossen bin, den Tod und auch eine Strafe auf mich zu nehmen, um
das, was du befohlen hast, zu versuchen.“ Jener sagte zu ihr: „Was ist es?“
Und jene seufzte mit gesenktem Kopf tief, so dass sie mitnichten für eine
höchst billige Dime gehalten werden konnte, und sie sagte: „Ich scheue
mich, das zu sagen, was ich dennoch im Leben mit einem Gefährten nicht 20
vermeiden kann. Wenn ich mich nämlich nicht, anstatt alleine zu sein,
deines Beischlafs erfreue, kann es keine Hoffnung auf mein Heil oder Leben
geben.“ Bald erkannte jener die List ihres Vipemgeistes und sagte: „Du
wirst nicht dämm gebracht werden, sei sicher.“ Und als er dies sagte,
beschrieb er ihr einen Ort, an dem sie ihn nach vier Tagen allein am 25
frühesten Morgen treffen solle. An den dazwischenliegenden Tagen aber
verbrachte der heilige Mann die Nächte dauerhaft im Gebet. Die Frau aber
verriet dem König und seinem Gefolge heimlich, was geschehen war, und
verlangte, dass sie ihren Eintritt beobachteten.
 
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