Metadaten

Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0676
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25

BUA 11,30

671

angeregt wirst. Wer wird dir die Sicherheit geben, dass nicht einmal der
Geist der Jungfrau, nicht das zerbrechlichste Gefäß, der Körper, beim
Küssen schlüpfrig gemacht werden? Wir wissen, dass von solchen
Regungen besonders die Körper auch von ergebenen Frauen erfüllt werden,
die den Beischlaf nicht kennengelemt haben; und ein sehr einleuchtender 5
Grund wird darin gezeigt, dass das bei jenen mit größerer Lust auf den
Beischlaf vermindert wird, was bei denen, die keine Erfahrung haben - als
ob es allein ohne die Verderbtheit des Körpers erlaubt sei - gefördert wird.
Ein Kuss, von dem man glauben muss, dass er erlaubt und ohne Frevel ist,
soll daher einem jeglichen christlichen Geist fern liegen, während der 10
wahrsprechende Augustinus38 sich in seiner Regel auch dafür
ausgesprochen hat, dass ein verweilendes Auge mit einer so großen Strafe
zu ahnden ist.
Wenn du also eine Jungfrau oder eine Frau in Christus verehrst, weil sie
heilig ist, musst du für sie und für dich sorgen. Von dir könntest du 15
sicherlich, wie du sagst, sicher sein, dass du nicht bei Küssen angeregt wirst,
von jener niemals. Es wird also nicht erlaubt sein, dass du dich ohne
Todesstrafe einer gefährlichen Lage aussetzt. Wenn irgendjemand dich,
Jungfrau Christi, gleichsam zum heiligen Kuss einlädt, gib ihm für diesen
Kuss Speichel zurück und schleudere die Faust auf den, der dich berührt. 20
Glaube nicht, dass dieser ein Diener Christi ist, sondern einer des Satans,
kein Freund, sondern ein Verführer, kein Eiferer nach Sittsamkeit, sondern
ein höchst billiger Schmarotzer, wie du ganz gewiss erkennen wirst.
[51] Als ich in einer großen Stadt in Brabant, in Brüssel, gewesen bin, kam
zu mir ein gewisses einfaches, aber wohlgestaltetes Mädchen, das unter 25
vielen Tränen verlangte, sich ihrer zu erbarmen. Als ich sie aufforderte zu
sagen, was sie hatte, sagte jene mit lautem Wehklagen: „Ach ich Arme,

3&Hl. Augustinus (354-430), s. Anm. 2.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften