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BUA 11,38
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38. „Sie gewinnen nicht nur aus gut duftenden, sondern auch aus
übelriechenden Kräutern nahrhaften Honig. Dennoch werden sie
wunderbar durch gute Gerüche erfreut und meiden natürlicherweise
die übelriechenden Gerüche. Aber auch bei diesen halten sie sich zur
rechten Zeit wegen des Nutzens für den Honig auf.“ 5
[1] Und dies ist dasselbe, was Paulus sagt: „Versucht alles und behaltet, was
gut ist.“ Durch die wohlriechenden Kräuter erkennen wir die Taten eines
guten Leumunds, so wie die Taten eines schlechten Leumunds durch die
übelriechenden Kräuter. Daher sagt der Apostel: „Wir sind der Wohlgeruch
Christi für Gott“; für die einen ist es freilich der Geruch des Lebens in das 10
Leben, für die anderen anderen der Geruch des Todes in den Tod.
Augustinus1 sagt über diesen Ausspruch: Wie einst, „nachdem das
Alabasterfläschchen zerbrochen ist“, jene sehr wertvolle Salbe das Haus mit
Geruch erfüllt hat, so hat auch der gute Ruf der heiligen Apostel, nachdem
ihre Körper durch das Martyrium zerbrochen sind, wie das süßeste 15
Brandopfer für den Herrn die Kirche auf dem gesamten Erdkreis besprengt.
Und dies war freilich für die einen, die sich freuten, der Ruf des Lebens in
das Leben, für die anderen aber, die neidisch waren, der Ruf des Todes in
den Tod. Du aber, Biene, gläubige Seele, wirst erfreut durch die Taten des
Leumunds, mit den Gerüchen der Guten, die dir in gegenseitiger Gabe von 20
den guten und aufbauenden Worten eine weise und wohl riechende Rede
zurückgeben, durch die der Nächste erbaut wird, und sie machen ein von
Unflätigkeiten gereinigtes Herz beglückwünschenswert, je mehr sein Atem
„zur Sehnsucht nach den ewigen Hügeln“ angeregt wird. Es soll dir
angenehmer sein, wie die Honigwaben und die Süße der Milch deine Zunge 25
und Lippen zu benetzen, als dass der Bauch deiner Erinnerung bitter
gemacht wird und mit galligen Erinnerungen zum Erbrechen gereizt wird.
Jenes aber fügt der Text passend hinzu, dass sie - obwohl sie naturgemäß
vor den übelriechenden Kräutern fliehen - sich dennoch bei ihnen zur
rechten Zeit wegen des Nutzens für den Honig aufhalten. Und so muss man 30
einsehen, dass die heilige Seele nicht nur bei den guten Taten der Menschen
die Gelegenheit zum Vorankommen ergreift, sondern auch bei den
1Hl. Augustinus (354-430), Kirchenlehrer, seit 396 Bischof von Hippo Regius. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1.
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38. „Sie gewinnen nicht nur aus gut duftenden, sondern auch aus
übelriechenden Kräutern nahrhaften Honig. Dennoch werden sie
wunderbar durch gute Gerüche erfreut und meiden natürlicherweise
die übelriechenden Gerüche. Aber auch bei diesen halten sie sich zur
rechten Zeit wegen des Nutzens für den Honig auf.“ 5
[1] Und dies ist dasselbe, was Paulus sagt: „Versucht alles und behaltet, was
gut ist.“ Durch die wohlriechenden Kräuter erkennen wir die Taten eines
guten Leumunds, so wie die Taten eines schlechten Leumunds durch die
übelriechenden Kräuter. Daher sagt der Apostel: „Wir sind der Wohlgeruch
Christi für Gott“; für die einen ist es freilich der Geruch des Lebens in das 10
Leben, für die anderen anderen der Geruch des Todes in den Tod.
Augustinus1 sagt über diesen Ausspruch: Wie einst, „nachdem das
Alabasterfläschchen zerbrochen ist“, jene sehr wertvolle Salbe das Haus mit
Geruch erfüllt hat, so hat auch der gute Ruf der heiligen Apostel, nachdem
ihre Körper durch das Martyrium zerbrochen sind, wie das süßeste 15
Brandopfer für den Herrn die Kirche auf dem gesamten Erdkreis besprengt.
Und dies war freilich für die einen, die sich freuten, der Ruf des Lebens in
das Leben, für die anderen aber, die neidisch waren, der Ruf des Todes in
den Tod. Du aber, Biene, gläubige Seele, wirst erfreut durch die Taten des
Leumunds, mit den Gerüchen der Guten, die dir in gegenseitiger Gabe von 20
den guten und aufbauenden Worten eine weise und wohl riechende Rede
zurückgeben, durch die der Nächste erbaut wird, und sie machen ein von
Unflätigkeiten gereinigtes Herz beglückwünschenswert, je mehr sein Atem
„zur Sehnsucht nach den ewigen Hügeln“ angeregt wird. Es soll dir
angenehmer sein, wie die Honigwaben und die Süße der Milch deine Zunge 25
und Lippen zu benetzen, als dass der Bauch deiner Erinnerung bitter
gemacht wird und mit galligen Erinnerungen zum Erbrechen gereizt wird.
Jenes aber fügt der Text passend hinzu, dass sie - obwohl sie naturgemäß
vor den übelriechenden Kräutern fliehen - sich dennoch bei ihnen zur
rechten Zeit wegen des Nutzens für den Honig aufhalten. Und so muss man 30
einsehen, dass die heilige Seele nicht nur bei den guten Taten der Menschen
die Gelegenheit zum Vorankommen ergreift, sondern auch bei den
1Hl. Augustinus (354-430), Kirchenlehrer, seit 396 Bischof von Hippo Regius. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1.