Metadaten

Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0894
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25
30

BUA 11,51

889

noch der Rumpf des Körpers mit dem Haupt allein übriggeblieben war, mit
glücklicher Miene: „O wenn es mir höchst Elendem doch gestattet wäre,
diese Tortur, die ich im Hinblick auf meine Verbrechen in geringen Umfang
ertragen habe, einmal zu wiederholen und ein zweites und ein drittes Mal,
und ziemlich lange durch sie gequält zu werden.“ Und während er dies 5
sagte, bat er unter Tränen die um ihn herum stehende Menge, sie möge ihm
Elenden durch Almosen für die Armen und durch Gebete zu Hilfe kommen.
Nachdem er diese Worte gesprochen hatte, streckte er seinen Nacken aus
und wurde bald von dem jungen Mann enthauptet.
[6] Aber an dieser Stelle wird vielleicht jemand sagen: Ist für ihn der 10
notwendige Tod, auch wenn er einen ziemlich schmerzvollen Tod
herbeigerufen hat, das, was er verdient hat? Wie enorm die Größe der
göttlichen Barmherzigkeit auch gegenüber solchen Sündern ist, deutet der
ruhmreiche Vater Augustinus8 in seinem „Liber Collationum contra
Novatum“9 an, indem er sagt: „Welche Notwendigkeit auch immer zur Buße 15
zwingt - nicht die Größe eines Verbrechens, nicht die Kürze der Zeit, nicht
die Ungeheuerlichkeit der Lebensweise, nicht der späte Zeitpunkt schließen,
wenn die Änderung des Willens rein ist, die Gnade aus. Stattdessen nimmt
die Mutter Barmherzigkeit die sich Umwendenden in ihren weiten und
großen Schoß auf; und ob es der Ketzer Novatus will oder nicht, nimmt 20
auch Christus die wahrlich Bereuenden stets auf.“ Und ein anderes Mal sagt
derselbe: Nach dem Ehebruch, dem Verrat und dem Mord „sagte David: Ich
habe gesündigt.“ Und Nathan, der vom Herrn gesandt worden war, fügte
hinzu: „Deine Sünde ist gebannt.“ O süßes Wort: Ich habe gesündigt! O drei
Silben, die die Türen zum Paradies öffnen! Wage es also zu sagen: Ich habe 25
gesündigt. Nicht Scham vor dem Menschen soll dich erschrecken, nicht
Furcht vor dem Teufel, nicht Verzweiflung wegen der gewaltigen Sünde.
Was wird dem Büßenden nicht verziehen, obwohl das vergossene Blut
Christi verziehen wird? Welcher Mörder, von dem Christus getötet wurde,
verzweifelt, obwohl er doch zur Hoffnung zurückkehren wird? Gut und am 30
besten hat er gesagt: Sonst hätte nämlich weder Magdalena Vergebung,
noch Petrus Zuversicht noch Paulus Gnade erreicht.

8///. Augustinus (354-430), Kirchenlehrer, seit 396 Bischof von Hippo Regius. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1. | 9 Ein Werk mit diesem Titel lässt sich im Oeuvre
von Augustinus (s. Anm. 8) nicht identifizieren. Das folgende Zitat lässt sich stattdessen einer
Schrift von Ernaldus Bonaevallis OSB (gest. nach 1156), Mönch in Marmoutier und nach 1138
Abt des Klosters Bonneval, zuordnen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften