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BUA 11,51
901
[12] Ebenso geschah um das Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1226 in der
Stadt Nivelles eine wunderbare Sache. In dieser Stadt nahm, wie es vielen,
die immer noch leben, bekannt ist, die Frömmigkeit der Gott ergebenen
Frauen, die man Beginen nennt, ihren Anfang, wobei sie heute weit über die
ganze Welt verbreitet ist.15 Sehr viele von diesen Frauen, die in hohem 5
Grade spirituell waren, wurden, nachdem sie zur Anerkennung der Wahrheit
gelangt waren, auf hitzige Weise von einem heiligen Feuer16 verbrannt, und
das nur an den Gliedern, durch die sie mehr gesündigt hatten. Die einen
wurden an der Zunge gegen die Völlerei und Geschwätzigkeit, andere an
den Ohren gegen das Flüstern, andere an der Hand gegen das unerlaubte 10
Handeln oder die unerlaubte Berührung, andere am Fuß oder am
Unterschenkel gegen das zügellose Umherstreifen, andere in der Mitte der
Brust gegen schlechte Gedanken oder den Wunsch nach Versuchungen
außerordentlich gequält; und dies geschah länger oder kürzer entsprechend
der Zeit, in der sie in Sünden und Nachlässigkeiten verstrickt gewesen 15
waren. Daraufhin wurden sie also in die Kirche der heiligen Jungfrau
Gertrud17 gebracht und geheilt. Die Glieder aber, die das Feuer verbrannt
hatte und die, wie es bei anderen üblich ist, ganz schwarz waren, kehrten
durch ein besonderes Wunder wider die Natur zu Farbe und Form und
glänzender Lebenskraft zurück. 20
Und damit nicht angenommen würde, dass dies durch Zufall oder durch ein
Wunder geschehen sei, wurde ein gewisses Mädchen, das ein weltliches
Leben führte, aus einem Vorort von Nivelles herbeigeholt, und als sie von
dem heiligen Feuer verbrannt worden war, schrie sie und sagte: „O heilige
Jungfrau Gertrud, ich bin keine Begine, wieso also werde ich verbrannt?“ 25
Sofort fiel die verbrannte Hand jenes Mädchens mit einem Teil des Armes
vom zurückgebliebenen Teil wie Kohle ab. Und damit antwortete die heilige
Gertrud dem Mädchen wie mit einem offensichtlichen Wunder Folgendes:
}Mit „Beginen" werden fromme Frauen bezeichnet, die seit dem frühen 13. Jahrhundert
zunächst vor allem in Brabant und Flandern in klosterähnlichen Gemeinschaftsformen ohne
Zugehörigkeit zu einem bestimmten Orden lebten. Zu ihrer Verbreitung s. SIMONS, Cities of
Ladies sovie VOIGT, Beginen, S. 17-43. | i(,Offenbar ist mit ignis sacer die gleichnamige
Mutterkornvergiftung (später: Antoniusfeuer) gemeint, die infolge des Verzehrs von
Nahrungsmitteln auftreten konnte, welche im Korn den Mutterkornpilz enthielten. S. hierzu
MISCHLEWSKI, Das Antoniusfeuer sowie PLATELLE, Les exemples, S. 306. | 17Stiftskirche St.
Gertrud in Nivelles, die unter dem Patronat der heiligen Gertrud von Nivelles (um 626-659), der
ersten Äbtissin des dortigen Klosters, steht. S. zur Beschreibung der Kirche DONNAY-ROCMANS,
La collegiale Sainte-Gertrude.
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[12] Ebenso geschah um das Jahr der Fleischwerdung des Herrn 1226 in der
Stadt Nivelles eine wunderbare Sache. In dieser Stadt nahm, wie es vielen,
die immer noch leben, bekannt ist, die Frömmigkeit der Gott ergebenen
Frauen, die man Beginen nennt, ihren Anfang, wobei sie heute weit über die
ganze Welt verbreitet ist.15 Sehr viele von diesen Frauen, die in hohem 5
Grade spirituell waren, wurden, nachdem sie zur Anerkennung der Wahrheit
gelangt waren, auf hitzige Weise von einem heiligen Feuer16 verbrannt, und
das nur an den Gliedern, durch die sie mehr gesündigt hatten. Die einen
wurden an der Zunge gegen die Völlerei und Geschwätzigkeit, andere an
den Ohren gegen das Flüstern, andere an der Hand gegen das unerlaubte 10
Handeln oder die unerlaubte Berührung, andere am Fuß oder am
Unterschenkel gegen das zügellose Umherstreifen, andere in der Mitte der
Brust gegen schlechte Gedanken oder den Wunsch nach Versuchungen
außerordentlich gequält; und dies geschah länger oder kürzer entsprechend
der Zeit, in der sie in Sünden und Nachlässigkeiten verstrickt gewesen 15
waren. Daraufhin wurden sie also in die Kirche der heiligen Jungfrau
Gertrud17 gebracht und geheilt. Die Glieder aber, die das Feuer verbrannt
hatte und die, wie es bei anderen üblich ist, ganz schwarz waren, kehrten
durch ein besonderes Wunder wider die Natur zu Farbe und Form und
glänzender Lebenskraft zurück. 20
Und damit nicht angenommen würde, dass dies durch Zufall oder durch ein
Wunder geschehen sei, wurde ein gewisses Mädchen, das ein weltliches
Leben führte, aus einem Vorort von Nivelles herbeigeholt, und als sie von
dem heiligen Feuer verbrannt worden war, schrie sie und sagte: „O heilige
Jungfrau Gertrud, ich bin keine Begine, wieso also werde ich verbrannt?“ 25
Sofort fiel die verbrannte Hand jenes Mädchens mit einem Teil des Armes
vom zurückgebliebenen Teil wie Kohle ab. Und damit antwortete die heilige
Gertrud dem Mädchen wie mit einem offensichtlichen Wunder Folgendes:
}Mit „Beginen" werden fromme Frauen bezeichnet, die seit dem frühen 13. Jahrhundert
zunächst vor allem in Brabant und Flandern in klosterähnlichen Gemeinschaftsformen ohne
Zugehörigkeit zu einem bestimmten Orden lebten. Zu ihrer Verbreitung s. SIMONS, Cities of
Ladies sovie VOIGT, Beginen, S. 17-43. | i(,Offenbar ist mit ignis sacer die gleichnamige
Mutterkornvergiftung (später: Antoniusfeuer) gemeint, die infolge des Verzehrs von
Nahrungsmitteln auftreten konnte, welche im Korn den Mutterkornpilz enthielten. S. hierzu
MISCHLEWSKI, Das Antoniusfeuer sowie PLATELLE, Les exemples, S. 306. | 17Stiftskirche St.
Gertrud in Nivelles, die unter dem Patronat der heiligen Gertrud von Nivelles (um 626-659), der
ersten Äbtissin des dortigen Klosters, steht. S. zur Beschreibung der Kirche DONNAY-ROCMANS,
La collegiale Sainte-Gertrude.