Metadaten

Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0932
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25

BUA 11,53

927

des Bettlers. Weil der Priester ihm darauf nicht zu antworten wusste,
flüsterte ihm die eingeladene Frau ins Ohr: „Es ist das Antlitz eines
Menschen, das bei allen Menschen unterschiedlich gestaltet ist, damit keines
der Form oder Natur nach einem anderen gleicht.“ Der Priester ließ also
diese Lösung des Rätsels übermitteln, und als er die Lösung gelobt hatte, 5
sagte der Apostel: „Geh und frage außerdem von mir: Was ist den
Menschen bei ihren Besitzungen besonders eigen?“ Als der Diener
zurückgekehrt war, präsentierte er also die Worte des Fragenden. „Auch
darüber weiß ich nichts“, sagte der Priester, und die Frau antwortete ihm ins
Ohr: „Besonders eigen ist den Menschen bei ihren Besitzungen die Sünde.“ 10
Nachdem er also die Lösung von seinem Herrn erhalten hatte, brachte sie
der Diener wieder zur Pforte. Und wiederum hatte der Apostel die Antwort
gelobt und sagte: „Weise sind zwei Fragen beantwortet worden; ich werde
noch eine dritte hinzufügen und dann schweigen. Geh also los und frage
deinen Herrn von mir: Wie viele Meilen beträgt der Weg von der Hölle?“ 15
Der Diener lief zurück und offenbarte seinem Herrn auch den dritten
Spruch. Und weil der Priester auch dies nicht wusste, flüsterte die Frau in
sein Ohr und sagte: „Dies weiß niemand besser als der, der diesen Weg
ziemlich häufig beim Hinabgehen in die Hölle gemessen hat.“ Nachdem der
Diener von seinem Herrn diese Antwort erhalten hatte, brachte er sie zur 20
Pforte. „Dein Herr hat gut geantwortet“, sagte der Apostel. „Geh also und
sage jenem: Und wer ist jener, der den Weg in die Hölle ziemlich häufig
gemessen hat, wenn nicht ein äußerst nichtsnutziger Dämon, der dir in
Gestalt einer mit dir speisenden Frau sanft ins Ohr flüstert und dich zum
Beischlaf verführen wollte - hätte nicht ich, Bartholomäus, der Apostel, 25
dem du demütig gedient hast, dich aus Mitleid davor bewahrt?“ Wenig
später, als der Diener seinem Herrn diese Dinge meldete, verschwand der
Dämon auf der Stelle vor seinen Augen. Er stand daraufhin staunend vom
Tisch auf und lief zur Pforte, um seinen Retter zu sehen, fand ihn aber nicht.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften