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BUA 11,53
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[7] Brüssel ist eine edle und große Stadt in Brabant. Dort gibt es ein
Krankenhaus für die Armen, das besonders ausgezeichnet in der
Lebensweise der Nächstenliebe ist.18 Wir haben darin eine gewisse
Schwester gesehen, die sich mit viel Mühe abquälte, mit schwerer Krankheit
geschlagen war, und schließlich von den weltlichen Dingen befreit wurde. 5
Nachdem sie von der dritten Stunde des Tages bis nach der Vesper tot
dagelegen hatte, wurde sie plötzlich wieder lebendig und erhob sich; und als
die Schwestern und alle, die anwesend waren, zusammengerufen worden
waren, sagte sie: „Jenes jungfräuliche Heer Kölns habe ich zu Lebzeiten
täglich verehrt und durch die Gebete dieser Jungfrauen bin ich jetzt vom 10
Fegefeuer befreit; deswegen bin ich gezwungen, ins Leben zurückzukehren,
um allen, die derer in würdiger Weise eingedenk sind, zu berichten, dass im
Tod Unterstützung da sein wird, solange solche aus dem Leben scheiden,
für die ein Gebet Geltung haben kann. Bei diesem Zeugnis gebe ich meine
Seele erneut zurück.“ Und sie tat sogleich, wie sie gesagt hatte. 15
[8] Es hat mir der Herr Wilhelm von Asse, einer Stadt in Brabant,19 ein
edler und demütiger Mann, erzählt, dass er, als er sich außerhalb des Landes
auf einem Feldzug befand, bis auf den Tod krank wurde und von den Ärzten
vollkommen aufgegeben worden war; er litt aber an einem sehr schweren
Fieber. Er war jedoch stets fromm und demütig gegenüber der ruhmreichen 20
Jungfrau, der Mutter Christi, gewesen, und als er also sah, dass ihm nichts
blieb, als auf eine Heilung durch die Ärzte zu hoffen, wendete er sich voller
Vertrauen an seine Beschützerin, gleichsam zum Sühnethron göttlicher
Erhabenheit. Und als Mitternacht gekommen war, erschien ihm die
glorreiche Mutter und Herrin mit einer Büchse heilsamer Arznei, und in 25
dem Moment, da er damit eingerieben wurde, gesundete er. Und sie sagte zu
ihm: „Siehe, du bist geheilt worden, du wirst dein Leben, wenn du es
günstigerweise vermagst, ändern und du wirst dich - wie du es ersehnt hast
- später dem Dienst an mir widmen.“ Am Morgen nachdem dies geschehen
war, kam also der Arzt herein und fand den Mann gegen seine Natur ohne 30
^Möglicherweise das Spital der heiligen Jungfrau und der 12 Apostel, das 1127 eingerichtet
und auch als hospitalitium pauperum bezeichnet wurde. Seit dem 12. Jahrhundert gab es in
Brüssel aber noch weitere Spitäler (St. Nikolas, erstmals 1129 erwähnt; St. Jakob, erstmals
1162 erwähnt; St. Johann, 1195 gegründet, sowie das Leprosenhaus St. Peter, 1174 gegründet),
die gleichfalls als Schauplätze dieser Geschichte in Frage kämen. S. zur Geschichte der Spitäler
von Brüssel THIBAULT, Des höpitaux, S. 219-220. | ^Offenbar ein Mitglied der Familie van
Assche (Asse) aus der Umgebung von Brüssel. S. für weitere Informationen Thom. Cantimpr.
BUA 11,50,6.
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[7] Brüssel ist eine edle und große Stadt in Brabant. Dort gibt es ein
Krankenhaus für die Armen, das besonders ausgezeichnet in der
Lebensweise der Nächstenliebe ist.18 Wir haben darin eine gewisse
Schwester gesehen, die sich mit viel Mühe abquälte, mit schwerer Krankheit
geschlagen war, und schließlich von den weltlichen Dingen befreit wurde. 5
Nachdem sie von der dritten Stunde des Tages bis nach der Vesper tot
dagelegen hatte, wurde sie plötzlich wieder lebendig und erhob sich; und als
die Schwestern und alle, die anwesend waren, zusammengerufen worden
waren, sagte sie: „Jenes jungfräuliche Heer Kölns habe ich zu Lebzeiten
täglich verehrt und durch die Gebete dieser Jungfrauen bin ich jetzt vom 10
Fegefeuer befreit; deswegen bin ich gezwungen, ins Leben zurückzukehren,
um allen, die derer in würdiger Weise eingedenk sind, zu berichten, dass im
Tod Unterstützung da sein wird, solange solche aus dem Leben scheiden,
für die ein Gebet Geltung haben kann. Bei diesem Zeugnis gebe ich meine
Seele erneut zurück.“ Und sie tat sogleich, wie sie gesagt hatte. 15
[8] Es hat mir der Herr Wilhelm von Asse, einer Stadt in Brabant,19 ein
edler und demütiger Mann, erzählt, dass er, als er sich außerhalb des Landes
auf einem Feldzug befand, bis auf den Tod krank wurde und von den Ärzten
vollkommen aufgegeben worden war; er litt aber an einem sehr schweren
Fieber. Er war jedoch stets fromm und demütig gegenüber der ruhmreichen 20
Jungfrau, der Mutter Christi, gewesen, und als er also sah, dass ihm nichts
blieb, als auf eine Heilung durch die Ärzte zu hoffen, wendete er sich voller
Vertrauen an seine Beschützerin, gleichsam zum Sühnethron göttlicher
Erhabenheit. Und als Mitternacht gekommen war, erschien ihm die
glorreiche Mutter und Herrin mit einer Büchse heilsamer Arznei, und in 25
dem Moment, da er damit eingerieben wurde, gesundete er. Und sie sagte zu
ihm: „Siehe, du bist geheilt worden, du wirst dein Leben, wenn du es
günstigerweise vermagst, ändern und du wirst dich - wie du es ersehnt hast
- später dem Dienst an mir widmen.“ Am Morgen nachdem dies geschehen
war, kam also der Arzt herein und fand den Mann gegen seine Natur ohne 30
^Möglicherweise das Spital der heiligen Jungfrau und der 12 Apostel, das 1127 eingerichtet
und auch als hospitalitium pauperum bezeichnet wurde. Seit dem 12. Jahrhundert gab es in
Brüssel aber noch weitere Spitäler (St. Nikolas, erstmals 1129 erwähnt; St. Jakob, erstmals
1162 erwähnt; St. Johann, 1195 gegründet, sowie das Leprosenhaus St. Peter, 1174 gegründet),
die gleichfalls als Schauplätze dieser Geschichte in Frage kämen. S. zur Geschichte der Spitäler
von Brüssel THIBAULT, Des höpitaux, S. 219-220. | ^Offenbar ein Mitglied der Familie van
Assche (Asse) aus der Umgebung von Brüssel. S. für weitere Informationen Thom. Cantimpr.
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