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Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0952
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BUA 11,53

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zu lehren, ihnen den Weg zum Heil zu zeigen und die Sünder zur Beichte
und Buße zu leiten. Und ich werde ohne einen großen Lohn nicht bestreiten,
dass die Lebenden Mitleid mit den Toten haben und sie diese - auf welche
Art auch immer - mit Gebeten und dem Fasten unterstützen.
[22] Die vierte Hilfe für die Verstorbenen ist das nächtliche Gebet oder eine 5
andere Anstrengung im Schmerz deines Körpers. Daher heißt es im zweiten
Buch der Könige, dass Rizpa, die Tochter Ajas, eine Konkubine Sauls, sich
„von Beginn der Ernte an auf der bloßen Erde ein Bußgewand ausbreitete“
und es „den Vögeln und wilden Tieren nicht gestattete, die Leichen der
Erhängten zu verstümmeln, solange bis Wasser vom Himmel auf die 10
Getöteten gefallen war.“ Was außer den im Fegefeuer gequälten Seelen
bezeichnen die Erhängten? Diesen muss Rizpa - das heißt ein treuer Freund
- durch nächtliche Gebete und Bemühungen von Beginn der Ernte an
helfen, das heißt: das Schwinden des Lebens bei den Sterbenden, gemäß
dem, was im Ecclesiasticus gesagt wird: „Über einen Toten vergieße 15
Tränen, sein Licht ist nämlich ermattet.“ Durch demütige Gebete an den
Herrn sollst du nicht zulassen, dass Vögel und wilde Tiere, das heißt die
dämonischen Folterknechte, diese verstümmeln. Und du sollst nicht von
deinen Mühen ablassen, bis Wasser vom Himmel auf die Getöteten
hinabfällt und du darauf vertraust und der Überzeugung bist, dass sie durch 20
die göttliche Gnade erlöst worden sind.
[23] Ein Beispiel für diese Art der Fürsprache haben wir im Leben der
ehrwürdigen und ebenfalls bewundernswerten Christina beschrieben.31
Ludwig, Graf von Loon, war der edelste unter den Deutschen, ein Mann
begabt mit Scharfsinn, wacker und geübt im Krieg.32 Dieser wandte sich mit 25
außergewöhnlich glühender Leidenschaft Christina, der Jungfrau Christi, zu.
Weil er dies „bis zum Äußersten tat, ließ er Christina zu sich rufen“ und,

3iChristina Mirabilis (gest. 1224), Mystikerin aus Sint-Truiden. Die folgende Episode ist zu
weiten Teilen der von Thomas von Cantimpre verfassten Vita Christinas übernommen. S. zur
Vita BäRTOLOMEIROMAGNOLI, Agiografia e mistica, S. 227-238. | 32Ludwig II. (ca. 1165-1218),
Graf von Eoon seit 1197, Förderer der Christina Mirabilis. S. für weitere Informationen Thom.
Cantimpr. BUA 11,43,5.
 
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