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BUA 11,57
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57. Auch die Wespen verfolgen diese und bestrafen sie mit natürlichem
Hass.
[1] Die Spezies der Wespen wird durch die Gattung von drei Würmern
gebildet, nämlich Schaben, Hornissen und käferähnliche Würmer.1 Und
unter ihnen bilden die Dämonen eine vierte Gattung. Die Wespen, welche 5
jähzornig sind und die Menschen auf schärfste Weise stechen und mit
posaunenartigem Getöse durch die Luft fliegen, bezeichnen jene Dämonen,
die sich mit Erlaubnis der göttlichen Rache unter Gewitterlüfte und Donner
mischen, und in ihnen in die Menschen eindringen, sie verdammen und
töten. Und über diese drei wollen wir einige Beispiele darlegen. 10
[2] Wir haben gesehen, dass in Deutschland um das Jahr des Herrn 1256 ein
solches Getöse von Winden, Blitzen und Donnerschlägen sowie von
Hagelschlägen aufgekommen ist, dass die Menschen gleichsam kopflos
durch die Städte rannten und fürchteten, dass der Tag des Jüngsten Gerichts
drohe. Wir haben gesehen, dass bei Trier Weinberge vollkommen zerstört 15
wurden, dass die ältesten Wälder und Bäume gänzlich vernichtet wurden
und dass die Giebel erhabener Gebäude einstürzten. Es gab aber welche, die
sagten, dass sie Dämonen gesehen hätten, die unterschiedlichen Bestien
gleich in der Luft aus Winden unterschiedlicher Richtung aufeinander
trafen. Dies über die Schrecken.2 20
[3] In der Provinz Provence bei Limoges haben wir aus der Erzählung eines
Priors der Predigerbrüder dieser Stadt3 erfahren, dass zu unserer Zeit
Hagelkörner von solcher Größe niedergeschlagen sind, dass in Städten,
Dörfern und auf dem Land Dächer zerbrochen, Weinberge vernichtet und
Früchte zu Spreu gemacht wurden, dass Menschen aus ihren Häusern auf 25
die Felder flüchteten und Tiere getötet wurden. Wie sich aber Satan unter
lDie Übersetzung lehnt sich an die Beschreibung des stupestris durch Albertus Magnus, De
animalibusXXVI, 30 (37) an; Stupestris vermis est scarabeo similis latens inter herbas et haustus
a bobus viscera bovis disrumpit, dum fel comestus attigerit. | 2 Über eine außergewöhnliche
Wetterlage mit viel Niederschlag und einer geringen Ernte als Folge berichten zumindest für
das Jahr 1246 (vgl. Variante M4) die Kölner Annalen (s. Chron. regia Colon, cont. V S. 288 u.
290), so dass die Beschreibung des Thomas plausibel erscheint. | 3Dominikanerkonvent von
Limoges, gegründet 1220 durch Petrus Cellani, der auch der erste Prior des Konvents war (bis
1233). Seit 1233 wirkte Gerard von Frachet als Prior von Limoges; möglicherweise spielt
Thomas hier auf ihn an. S. zur Gründung des Konvents von Limoges FEUCHTER, Ketzer, Konsuln
und Büßer, S. 272f. sowie zu Gerard von Frachet WESJOHANN, Mendikantische
Gründungserzählungen, S. 398.
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57. Auch die Wespen verfolgen diese und bestrafen sie mit natürlichem
Hass.
[1] Die Spezies der Wespen wird durch die Gattung von drei Würmern
gebildet, nämlich Schaben, Hornissen und käferähnliche Würmer.1 Und
unter ihnen bilden die Dämonen eine vierte Gattung. Die Wespen, welche 5
jähzornig sind und die Menschen auf schärfste Weise stechen und mit
posaunenartigem Getöse durch die Luft fliegen, bezeichnen jene Dämonen,
die sich mit Erlaubnis der göttlichen Rache unter Gewitterlüfte und Donner
mischen, und in ihnen in die Menschen eindringen, sie verdammen und
töten. Und über diese drei wollen wir einige Beispiele darlegen. 10
[2] Wir haben gesehen, dass in Deutschland um das Jahr des Herrn 1256 ein
solches Getöse von Winden, Blitzen und Donnerschlägen sowie von
Hagelschlägen aufgekommen ist, dass die Menschen gleichsam kopflos
durch die Städte rannten und fürchteten, dass der Tag des Jüngsten Gerichts
drohe. Wir haben gesehen, dass bei Trier Weinberge vollkommen zerstört 15
wurden, dass die ältesten Wälder und Bäume gänzlich vernichtet wurden
und dass die Giebel erhabener Gebäude einstürzten. Es gab aber welche, die
sagten, dass sie Dämonen gesehen hätten, die unterschiedlichen Bestien
gleich in der Luft aus Winden unterschiedlicher Richtung aufeinander
trafen. Dies über die Schrecken.2 20
[3] In der Provinz Provence bei Limoges haben wir aus der Erzählung eines
Priors der Predigerbrüder dieser Stadt3 erfahren, dass zu unserer Zeit
Hagelkörner von solcher Größe niedergeschlagen sind, dass in Städten,
Dörfern und auf dem Land Dächer zerbrochen, Weinberge vernichtet und
Früchte zu Spreu gemacht wurden, dass Menschen aus ihren Häusern auf 25
die Felder flüchteten und Tiere getötet wurden. Wie sich aber Satan unter
lDie Übersetzung lehnt sich an die Beschreibung des stupestris durch Albertus Magnus, De
animalibusXXVI, 30 (37) an; Stupestris vermis est scarabeo similis latens inter herbas et haustus
a bobus viscera bovis disrumpit, dum fel comestus attigerit. | 2 Über eine außergewöhnliche
Wetterlage mit viel Niederschlag und einer geringen Ernte als Folge berichten zumindest für
das Jahr 1246 (vgl. Variante M4) die Kölner Annalen (s. Chron. regia Colon, cont. V S. 288 u.
290), so dass die Beschreibung des Thomas plausibel erscheint. | 3Dominikanerkonvent von
Limoges, gegründet 1220 durch Petrus Cellani, der auch der erste Prior des Konvents war (bis
1233). Seit 1233 wirkte Gerard von Frachet als Prior von Limoges; möglicherweise spielt
Thomas hier auf ihn an. S. zur Gründung des Konvents von Limoges FEUCHTER, Ketzer, Konsuln
und Büßer, S. 272f. sowie zu Gerard von Frachet WESJOHANN, Mendikantische
Gründungserzählungen, S. 398.