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BUA 11,57
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[66] Ich habe in Brabant in einem Zisterzienserkloster eine gewisse sehr
religiöse Nonne von keuscher Lebensweise gesehen; als ich sie besuchte
und ihr, soweit ich es vermochte, Mut zusprach, begann plötzlich ein
äußerst bösartiger Dämon, der in ihr verborgen lag, weil er während der
Gebetszeit die Worte des Heils nicht ertragen konnte, wie ein Hund zu 5
bellen und mit weit aufgesperrtem Mund, verdrehtem Hals und
hervorgequollenen Augen gotteslästerlich zu reden. Zu ihm sagte ich: „O
Elendester, der du dich durch das Lob Gottes nicht den guten Engeln
hingeben wolltest, ahmst du nun das Bellen der Hunde und andere Tiere
nach.“ 10
[67] Ich habe in demselben Land auch eine andere Frau, die reich und
ehrenhaft war, gesehen; sie war von einem Dämon besessen. Als ich sie,
weil sie um einen Priester bat, besuchte, fanden wir sie von der
Misshandlung durch den Dämon ruhen, und verständig - als ob sie gesund
wäre - sprechen. Daraufhin habe ich, da ich nichts Verborgenes bemerkte, 15
den Vers des Gesanges Moses’ im Deuteronomium gemäß dem, was ich
von einem gewissen heiligen Mann gehört hatte, dreimal wiederholt, um
den Dämon in der Besessenen zu reizen: „Gott, der dich geschaffen hat, hast
du verlassen und du hast den Herrn, deinen Schöpfer, vergessen.“ Sofort
begann die Frau an den Lippen und im Gesicht bleich zu werden und zwei 20
Venen an ihrem Hals schwollen zur Größe eines Daumens an. Daraufhin
sagte ich: „Warum wagst du es, Schlechtester, die Frau zu quälen?“ Und er
antwortete: „Nachdem ihr Mann verstorben war, hat sie aus Mitleid als
Hilfe für seine Seele zusammengetragen und weggegeben, was auch immer
sie an Gutem in diesem Leben getan hatte; und bei dieser zufällig erlangten 25
Gelegenheit habe ich das leere Gefäß bald betreten.“ Zu ihm sagte ich also:
„Du lügst, Elendester, daraus nämlich, was sie unter Vermittlung der
Nächstenliebe gegeben hat, ist ihr Gutes angehäuft worden.“ Und jener
sagte mit höhnischem Gelächter: „Ich bin ein ,Lügner’ und so ist es nicht
erstaunlich, wenn ich lüge.“ Bald sagte ich: „Ist jene himmlische Heimat, 30
die du verloren hast, so schön wie man sagt?“ Und er antwortete:
„Unendlich viel schöner als man sagt.“ Und ich sagte: „Willst du nicht zu
jener zurückkehren, wenn du kannst?“ Und jener antwortete: „Ich wollte,
wenn ich bis zum Tag des Jüngsten Gerichts alle denkbaren Strafen ertragen
könnte.“ Zu ihm sagte ich: „Und ich verspreche dir unter Gefährdung des 35
mir versprochenen Heils, sollte ich als Lügner entlarvt werden, dass du
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[66] Ich habe in Brabant in einem Zisterzienserkloster eine gewisse sehr
religiöse Nonne von keuscher Lebensweise gesehen; als ich sie besuchte
und ihr, soweit ich es vermochte, Mut zusprach, begann plötzlich ein
äußerst bösartiger Dämon, der in ihr verborgen lag, weil er während der
Gebetszeit die Worte des Heils nicht ertragen konnte, wie ein Hund zu 5
bellen und mit weit aufgesperrtem Mund, verdrehtem Hals und
hervorgequollenen Augen gotteslästerlich zu reden. Zu ihm sagte ich: „O
Elendester, der du dich durch das Lob Gottes nicht den guten Engeln
hingeben wolltest, ahmst du nun das Bellen der Hunde und andere Tiere
nach.“ 10
[67] Ich habe in demselben Land auch eine andere Frau, die reich und
ehrenhaft war, gesehen; sie war von einem Dämon besessen. Als ich sie,
weil sie um einen Priester bat, besuchte, fanden wir sie von der
Misshandlung durch den Dämon ruhen, und verständig - als ob sie gesund
wäre - sprechen. Daraufhin habe ich, da ich nichts Verborgenes bemerkte, 15
den Vers des Gesanges Moses’ im Deuteronomium gemäß dem, was ich
von einem gewissen heiligen Mann gehört hatte, dreimal wiederholt, um
den Dämon in der Besessenen zu reizen: „Gott, der dich geschaffen hat, hast
du verlassen und du hast den Herrn, deinen Schöpfer, vergessen.“ Sofort
begann die Frau an den Lippen und im Gesicht bleich zu werden und zwei 20
Venen an ihrem Hals schwollen zur Größe eines Daumens an. Daraufhin
sagte ich: „Warum wagst du es, Schlechtester, die Frau zu quälen?“ Und er
antwortete: „Nachdem ihr Mann verstorben war, hat sie aus Mitleid als
Hilfe für seine Seele zusammengetragen und weggegeben, was auch immer
sie an Gutem in diesem Leben getan hatte; und bei dieser zufällig erlangten 25
Gelegenheit habe ich das leere Gefäß bald betreten.“ Zu ihm sagte ich also:
„Du lügst, Elendester, daraus nämlich, was sie unter Vermittlung der
Nächstenliebe gegeben hat, ist ihr Gutes angehäuft worden.“ Und jener
sagte mit höhnischem Gelächter: „Ich bin ein ,Lügner’ und so ist es nicht
erstaunlich, wenn ich lüge.“ Bald sagte ich: „Ist jene himmlische Heimat, 30
die du verloren hast, so schön wie man sagt?“ Und er antwortete:
„Unendlich viel schöner als man sagt.“ Und ich sagte: „Willst du nicht zu
jener zurückkehren, wenn du kannst?“ Und jener antwortete: „Ich wollte,
wenn ich bis zum Tag des Jüngsten Gerichts alle denkbaren Strafen ertragen
könnte.“ Zu ihm sagte ich: „Und ich verspreche dir unter Gefährdung des 35
mir versprochenen Heils, sollte ich als Lügner entlarvt werden, dass du