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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0044
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Straßburg

Zu einem Hort des Widerstands gegen die Reformation wurde die Komturei der Johanniter. Trotz des
Verbots ließ der Komtur die Messe feiern. An den Messen nahmen auch Straßburger Bürger teil. Im
Schirmvertrag von 1559 gestand der Magistrat den Johannitern schließlich das Lesen der Messe zu und
hielt an der Entscheidung trotz der Proteste des evangelischen Kirchenkonvents auch fest. Die zweite
Ritterordensniederlassung, die Kommende des Deutschen Ordens, fügte sich hingegen weitgehend den
Anweisungen des Magistrats und verzichtete auf das Lesen der Messe. Die Häuser der Johanniter und des
Deutschen Ordens bestanden bis ins 17. Jh. hinein; während des Dreißigjährigen Krieges wurden dann die
Gebäude aus strategischen Griinden abgebrochen44.
Außerhalb des Burgbanns der Stadt war an der Breusch (Bruche) zwischen Königshofen und Eckbols-
heim nach 1333 mit der Förderung des Straßburger Bischofs Berthold II. von Buchegg eine Kartause
entstanden. 1525 verließen 15 Mönche das Kloster; sieben blieben zurück. Der Magistrat unterstellte das
Kloster der Aufsicht der Stadt und setzte einen Schaffner als Verwalter ein. 1540 kam es zu einem Konflikt
zwischen dem Provinzial und der Stadt, weil der Magistrat den vom Provinzial bestimmten Guardian
ablehnte und durch die verbliebenen Insassen einen eigenen Guardian wählen ließ. Die Stadt konnte sich
durchsetzen und verstärkte in der Folge ihren Einfluß auf das Kloster noch weiter. 1592 erwarb die Stadt
die Gebäude der Kartause vom französischen König Heinrich IV. und ließ sie kurze Zeit darauf niederrei-
ßen. Die vier noch verbliebenen Insassen mußten in die Mainzer Kartause übersiedeln45.
Die Ausbildung des Straßburger Pfarrsystems war Ende des 12. Jh. weitgehend abgeschlossen. Die Stadt
zählte danach insgesamt neun Pfarreien. Die älteste unter ihnen war die Münsterpfarrei St. Laurentius.
Ihren Namen trug sie vom Laurentiusaltar im nördlichen Querschiff des Münsters, an welchem der Gemein-
degottesdienst stattfand, bis hierfür um 1500 die Laurentiuskapelle bestimmt wurde. Nach der Münster-
pfarrei war die mit dem Thomasstift verbundene Thomaspfarrei die zweitälteste in Straßburg (9. Jh.). Ihr
Pfarrsprengel erstreckte sich entlang der beiden Illufer. Aus dem 10. Jh. stammte die Pfarrei St. Aurelien.
Bischof Ruthart (933-950) schenkte sie dem Stift St. Thomas, dem die Pfarrei 1217 von Papst Honorius III.
inkorporiert wurde. Im 11. Jh. erstmals belegt sind die Pfarreien St. Stephan und Jung St. Peter. Die Kirche
der Abtei St. Stephan diente gleichzeitig auch als Pfarrkirche. Den Pfarrer ernannte die Äbtissin. 1310
inkorporierte Papst Clemens V. die Pfarrei dem Frauenkloster. Die Pfarrei Jung St. Peter gehörte zum
gleichnamigen Kollegiatstift; den Pfarrer ernannte seit 1467 das Stiftskapitel. Für das 12. Jh. sind die
Pfarreien Alt St. Peter, St. Martin, St. Andreas und St. Nikolaus bezeugt. Nach der mittelalterlichen Tra-
dition galt Alt St. Peter als die älteste Straßburger Kirche, da man den Petrusschüler Maternus für ihren
Gründer hielt. Urkundliche Erwähnung findet sie jedoch erst 1132. Nach der Übersiedlung der Rheinauer
Kanoniker nach Straßburg kam sie zum gleichnamigen Stift. Das Gebiet der seit 1143 nachweisbaren,
vermutlich aber älteren Pfarrei St. Martin lag zwischen den Sprengeln des Münsters und von St. Thomas
und war eher klein. 1468 wurde die Pfarrei dem Hohen Chor inkorporiert. Wenig bedeutend war auch die an
St. Stephan angrenzende Andreaspfarre. Als letzte der Pfarreien entstand 1182 St. Nikolaus, dessen Pfarrer
vom Propst des Thomasstifts ernannt wurde. Im Jahr 1314 wurde die Pfarrei dem Stift inkorporiert46.
Die Zahl der Pfarreien hatte bis zur Reformation Bestand. In der Armenordnung von 1523 wurden
entsprechend der Zahl der Pfarreien neun Unterpfleger für die Verwaltung des Almosens ernannt (Nr. 1a,
S. 108f.)- Später reduzierte der Magistrat ihre Anzahl auf sieben: das Münster, St. Thomas, Alt St. Peter,
Jung St. Peter, St. Aurelien, St. Nikolaus und St. Wilhelm. Die Kirche St. Martin, deren Chor 1491 schon
als baufällig galt, wurde 1527 abgebrochen. Die von St. Stephan diente nurmehr der Frauenabtei für den
Gottesdienst; an ihrer Stelle wurde die Kirche des Wilhelmitenklosters 1531 zur Pfarrkirche ernannt. 1524
44 Vgl. Hahn, Katholische Kirche, S. 89-95. 46 Zu den Straßburger Pfarreien im Mittelalter vgl. Pfle-
45 Vgl. Adam, Kirchengeschichte Straßburg, S. 301f.; ger, Kirchengeschichte, S. 45-54.
Hahn, Katholische Kirche, S. 86-88; Schelp, Refor-
mationsprozesse, S. 172-198.

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