Einleitung
Apostolicum nicht direkt in Verbindung steht. Nurmehr summarisch unter dem vierten Titel: „Wie eins
Christlichen kinds leben angericht sein soll“, werden die Zehn Gebote und das Vater unser behandelt158.
Der Druck des „Kinder bericht“ von 1529 stellt nicht einfach eine Neuauflage des Katechismus von
1527 dar159; vielmehr hat dieser zahlreiche Korrekturen und Ergänzungen erfahren. Er erscheint nun auch
nicht mehr als „Gemeinschaftswerk“ der Straßburger Prediger, sondern wird unter dem Namen seines
Autors veröffentlicht. Ob sich aber die in der „Epistola ad lectorem“ enthaltene Warnung vor zertrennung
auf die theologische Auseinandersetzung innerhalb der Straßburger Pfarrerschaft bezieht, muß offen blei-
ben. Ins Auge fallen vor allem mehrere längere Zusätze in der Ausgabe von 1529. Sie betreffen 1. das
Verhältnis des Christen zur Obrigkeit, 2. die Lehre von der Person Jesu Christi, 3. die Prädestination, die
Wiederkunft Christi und das Jüngste Gericht, 4. die Taufe, vor allem die Frage der Kindertaufe.
Capito grenzt sich im „Kinder bericht“ zwar von bestimmten Lehren und Einrichtungen der mittelal-
terlichen Kirche (Werkgerechtigkeit, Fegefeuer, Zölibat und Gelübde) ab, vermeidet dabei aber weitgehend
die polemische Auseinandersetzung. Der Katechismus zeigt die Nähe der Straßburger zur Schweizer Theo-
logie in den zwanziger Jahren des 16. Jh.: Die Sakramente werden als „äußerliche“ Zeichen bestimmt, auf
die der Christ kein Vertrauen setzen darf, da der Neue Bund im Herzen ist und nicht an Zeremonien hängt.
Die Taufe erscheint als Aufnahmeakt in die christliche Gemeinde. Obwohl die Hl. Schrift die Kindertaufe
nicht ausdrücklich gebietet, hält Capito „aus Liebe“ an ihr fest. Das Abendmahl wird als Gemeinschafts-
und Gedächtnismahl verstanden, mit welchem die Teilnehmer durch die Erinnerung an die Erlösungstat
Christi gestärkt werden. Die leibliche Gegenwart Christi in den Elementen Brot und Wein wird ausdrück-
lich verworfen. Eine große Rolle spielt die Kirchenzucht. Der Bann erscheint als ein unverzichtbares Instru-
ment der brüderlichen Zurechtweisung160. In der Forschung wird der Einfluß der Ideen von Martin Cella-
rius (Borrhaus)161 auf Capito und den Katechismus von 1529 hervorgehoben (vor allem bezüglich der
Tauffrage und der Prädestination). In dieser Nähe zu Cellarius könnte auch ein Grund für die Distanzie-
rung Bucers und anderer Straßburger Geistlicher von der zweiten Ausgabe des Katechismus liegen162.
Im gleichen Jahr wie die zweite Ausgabe des „Kinder bericht“, 1529, erschien von Otto Brunfels die
„Catechesis puerorum in fide, in literis et in moribus“. Im dritten Teil dieser für den Gebrauch an Latein-
schulen bestimmten Schrift ist der Stoff für die religiöse Unterweisung der Kinder mit Erläuterungen
zusammengestellt163. Im Anschluß an die erste Straßburger Synode verfaßte Martin Bucer 1534 die „Kurtze
schriftliche erklärung“ zur Vereinheitlichung des kirchlichen Unterrichts in den Gemeinden. In der Vorrede
wird das Buch als ein Gemeinschaftswerk der Straßburger Prädikanten vorgestellt164. Der Katechismus
erwies sich jedoch als zu umfangreich, weshalb Bucer nur drei Jahre später eine gekürzte Fassung heraus-
brachte („Der kürtzer Catechismus“)165. 1543 erschien dann unter dem gleichen Titel eine weitere Ausgabe
158 Zur Gliederung des Werks vgl. die Übersicht in Cohrs,
Katechismusversuche, S. 95-99.
159 So erscheint er vielfach in der Literatur, vgl. z.B.
Ernst/Adam, Katechetische Geschichte, S. 24; Bu-
cer, Deutsche Schriften 6,3, S. 20.
160 Vgl. Ernst/Adam, Katechetische Geschichte, S. 28-33.
161 Zu Martin Cellarius (Borrhaus), 1499-1564, vgl.
NDB 2, S. 474; RGG3 1, Sp. 1367f. Cellarius war 1526
nach Straßburg gekommen und hatte dort mit Capito
Freundschaft geschlossen. Capito verfaßte das Vorwort
zu Cellarius’ 1527 veröffentlichter Schrift „De operibus
Dei“.
162 Zum Einfluß des Cellarius vgl. Cohrs, Katechismusver-
suche, S. 88-91; Hubert, Straßburger Katechismen,
S.397-401.
163 Otto Brunfels, Catechesis puerorum in fide, in literis et
in moribus. Ex Cicerone, Quintiliano, Plutarcho, Angelo
Politiano, Rudolpho Agricola, Erasmo, Philippo Melan-
chthone atque aliis probatissimis quibusque authoribus
[...], Straßburg: Christian Egenolff d. Ä. 1529 (VD 16,
B 8479). Vgl. als Überblick Ernst/Adam, Katecheti-
sche Geschichte, S. 36-40.
164 [Martin Bucer], Kurtze schrifftliche erklärung für die
kinder und angohnden [...], Straßburg: Matthias Apia-
rius (Bucer-Bibliographie, Nr. 63), ediert in Bucer,
Deutsche Schriften 6,3, S. 51-173.
165 [Martin Bucer], Der kürtzer Catechismus und erklärung
[...], Straßburg: Wendel Rihel 1537 (Bucer-Bibliogra-
phie, Nr. 79), in Bucer, Deutsche Schriften 6,3,
S.175-223.
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Apostolicum nicht direkt in Verbindung steht. Nurmehr summarisch unter dem vierten Titel: „Wie eins
Christlichen kinds leben angericht sein soll“, werden die Zehn Gebote und das Vater unser behandelt158.
Der Druck des „Kinder bericht“ von 1529 stellt nicht einfach eine Neuauflage des Katechismus von
1527 dar159; vielmehr hat dieser zahlreiche Korrekturen und Ergänzungen erfahren. Er erscheint nun auch
nicht mehr als „Gemeinschaftswerk“ der Straßburger Prediger, sondern wird unter dem Namen seines
Autors veröffentlicht. Ob sich aber die in der „Epistola ad lectorem“ enthaltene Warnung vor zertrennung
auf die theologische Auseinandersetzung innerhalb der Straßburger Pfarrerschaft bezieht, muß offen blei-
ben. Ins Auge fallen vor allem mehrere längere Zusätze in der Ausgabe von 1529. Sie betreffen 1. das
Verhältnis des Christen zur Obrigkeit, 2. die Lehre von der Person Jesu Christi, 3. die Prädestination, die
Wiederkunft Christi und das Jüngste Gericht, 4. die Taufe, vor allem die Frage der Kindertaufe.
Capito grenzt sich im „Kinder bericht“ zwar von bestimmten Lehren und Einrichtungen der mittelal-
terlichen Kirche (Werkgerechtigkeit, Fegefeuer, Zölibat und Gelübde) ab, vermeidet dabei aber weitgehend
die polemische Auseinandersetzung. Der Katechismus zeigt die Nähe der Straßburger zur Schweizer Theo-
logie in den zwanziger Jahren des 16. Jh.: Die Sakramente werden als „äußerliche“ Zeichen bestimmt, auf
die der Christ kein Vertrauen setzen darf, da der Neue Bund im Herzen ist und nicht an Zeremonien hängt.
Die Taufe erscheint als Aufnahmeakt in die christliche Gemeinde. Obwohl die Hl. Schrift die Kindertaufe
nicht ausdrücklich gebietet, hält Capito „aus Liebe“ an ihr fest. Das Abendmahl wird als Gemeinschafts-
und Gedächtnismahl verstanden, mit welchem die Teilnehmer durch die Erinnerung an die Erlösungstat
Christi gestärkt werden. Die leibliche Gegenwart Christi in den Elementen Brot und Wein wird ausdrück-
lich verworfen. Eine große Rolle spielt die Kirchenzucht. Der Bann erscheint als ein unverzichtbares Instru-
ment der brüderlichen Zurechtweisung160. In der Forschung wird der Einfluß der Ideen von Martin Cella-
rius (Borrhaus)161 auf Capito und den Katechismus von 1529 hervorgehoben (vor allem bezüglich der
Tauffrage und der Prädestination). In dieser Nähe zu Cellarius könnte auch ein Grund für die Distanzie-
rung Bucers und anderer Straßburger Geistlicher von der zweiten Ausgabe des Katechismus liegen162.
Im gleichen Jahr wie die zweite Ausgabe des „Kinder bericht“, 1529, erschien von Otto Brunfels die
„Catechesis puerorum in fide, in literis et in moribus“. Im dritten Teil dieser für den Gebrauch an Latein-
schulen bestimmten Schrift ist der Stoff für die religiöse Unterweisung der Kinder mit Erläuterungen
zusammengestellt163. Im Anschluß an die erste Straßburger Synode verfaßte Martin Bucer 1534 die „Kurtze
schriftliche erklärung“ zur Vereinheitlichung des kirchlichen Unterrichts in den Gemeinden. In der Vorrede
wird das Buch als ein Gemeinschaftswerk der Straßburger Prädikanten vorgestellt164. Der Katechismus
erwies sich jedoch als zu umfangreich, weshalb Bucer nur drei Jahre später eine gekürzte Fassung heraus-
brachte („Der kürtzer Catechismus“)165. 1543 erschien dann unter dem gleichen Titel eine weitere Ausgabe
158 Zur Gliederung des Werks vgl. die Übersicht in Cohrs,
Katechismusversuche, S. 95-99.
159 So erscheint er vielfach in der Literatur, vgl. z.B.
Ernst/Adam, Katechetische Geschichte, S. 24; Bu-
cer, Deutsche Schriften 6,3, S. 20.
160 Vgl. Ernst/Adam, Katechetische Geschichte, S. 28-33.
161 Zu Martin Cellarius (Borrhaus), 1499-1564, vgl.
NDB 2, S. 474; RGG3 1, Sp. 1367f. Cellarius war 1526
nach Straßburg gekommen und hatte dort mit Capito
Freundschaft geschlossen. Capito verfaßte das Vorwort
zu Cellarius’ 1527 veröffentlichter Schrift „De operibus
Dei“.
162 Zum Einfluß des Cellarius vgl. Cohrs, Katechismusver-
suche, S. 88-91; Hubert, Straßburger Katechismen,
S.397-401.
163 Otto Brunfels, Catechesis puerorum in fide, in literis et
in moribus. Ex Cicerone, Quintiliano, Plutarcho, Angelo
Politiano, Rudolpho Agricola, Erasmo, Philippo Melan-
chthone atque aliis probatissimis quibusque authoribus
[...], Straßburg: Christian Egenolff d. Ä. 1529 (VD 16,
B 8479). Vgl. als Überblick Ernst/Adam, Katecheti-
sche Geschichte, S. 36-40.
164 [Martin Bucer], Kurtze schrifftliche erklärung für die
kinder und angohnden [...], Straßburg: Matthias Apia-
rius (Bucer-Bibliographie, Nr. 63), ediert in Bucer,
Deutsche Schriften 6,3, S. 51-173.
165 [Martin Bucer], Der kürtzer Catechismus und erklärung
[...], Straßburg: Wendel Rihel 1537 (Bucer-Bibliogra-
phie, Nr. 79), in Bucer, Deutsche Schriften 6,3,
S.175-223.
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