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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0216
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Straßburg

fürdren solte. Also auch auß gleicher ursach erzelet er so
weytloüffig unnd so offt die werck der lieb, do mit er inbildet
den rechten verstandt wider die ander, der Phariseer, schwä-
re irthumb, welche Gott zu geben, das er lerung und kunst
des gesatz in seinem urteyl fürnemlich werd ansehen. Wo sie
es auffs hertz und inwendig leer des geysts thutete, were es
nit ubel geredt.
Jung.: Wie kan nun Christus gerecht sein im urteyl, so er den
von Gott verfluchten verdampt? Heyßt das nit eyn falsch
urteyl dem geyst Gottes zu messen?
Und.: Neyn, mein Sun, dann eyn falsch urteyl ist, das gut
böß unnd böß gut zu sein auß spricht. Das thut Christus nit.
Er lobet und belonet, das zu loben und belonen ist, nemlich
die liebe als das gesatz ende [vgl. Röm 13,10], unnd strafft
das unendtlich böß der verfluchten mit ewigem fewr. Er rich-
tet, das ist, durch sein krafft macht er offenbar, das sie zur
lincken verflücht sein, wie jhene zur gerechten vom vatter
gesegnet, und fürter die verflüchten verdampt er zum ewigen
fewr [vgl. Mt 25,34.41]. Ihr hoffart ist ewig wider Gott. Und
Gots wal würt nit geändert, folget billich eyn ewig straff.
Dises fewr ist dem Teüfel und seinen Englen von ewigkeyt
bereyt, also muß es ewig bleiben, dann wer mag Gott sein
bereytschafft ändern. Die flüch des gesatz ston alleyn den zu,
die under dem bundt des gsatz sein, welcher des ewigen
bunds und der wal Gots hell warzeychen und ebenbild ist.
Dan er spricht: Ich will dein unnd deins somens Gott sein
[1Mos 17,7]. Aber vil von Abrahams nochkommen sein nit
seins glaubens gesein, darumb gehört sie der ewig bundt
nichts an; der herr ist nit ihr Gott unnd sie nit sein volck, des
namen und titel sie dennacht nit vergebens haben. Drumb
würt diser fluch des gesatzs zun letsten zeyten, das ist, von
den, die under Christo sein, hynweggenommen, wie das ge-
satz gnad und verzihung offt verheysset auff diese letste tag.
Und nit alleyn von den, so seyn under dem gsatz, würt der
fluch genommen, sonder von allen, so in Adam gesündet ha-
ben. Disen alleyn sindt alle ding gschriben und nit den ver-
fluchten, die nit mehr dann der natur noch verston und wis-
sen die geystlichen ding nit zu urteylen. Ja, geystlich ding
gondt sie glat nit an, du woltest dann die geschrifft fleysch-
lich machen oder sagen, das auch hund und katzen angieng,
dan ihr natur ist zum geyst auch nit geadelt. Warumb sie, die
verfluchten, Gott geschaffen hat, ist durch Paulum ange-
zeygt. Sie dienen zu seiner ehr [vgl. Röm 9,21-23]. Ihr werck
sindt böß, dann Gott tribt sie noch ihr selbs fülung, dann sie
ston unnd bliben auff ihn selbs als auff dem höchsten gut,
welchs heyßt in der worheyt Gott verleügnen, der alleyn gut
ist [vgl. Mk 10,18; Lk 18,19]. Die würckung aber in sündern
ist gut und alleyn Gots, In dem und von dem alle ding be-
wegt, getriben und gewürckt werden, yedes noch seiner ey-
genschafft [vgl. 1Kor 8,6], sünst wer mehr dan eyn Gott, so
ettwas eyn selbs würckung oder anderßwo här eyn würckung
hätte. Aber so vil die würckung sich artet und gattet noch
des verfluchten empfindtlichkeyt und als vil sie auß sein
selbs eygenthumb flüsset, so vil ist sie böß, unrecht und wi-
der Gott. Der gleichen auch in den erwelten sich offt zu
trägt, so sie nit beston in der höchsten gelassenheyt. Der
mensch ist über alle geschöpff, die er regieret, und sol fürter
vom geist Christi (der sein häupt ist) geregiert werden. Was
auß uns ist diesem entgegen. Den eusserwelten würt ihr sünd
verzigen, dann in ihrem hertzen als in einer sündtgruben ist
der somen Gottes und würt durchs Crütz herfür gerumet und

erfrischet, do mit sie zu Christo unnd der seligkeyt kommen;
jhenen aber blibt die sünd behalten, dann der vatter hat sie
nit dem Sun geben. Er kendt sie nit und mögen nit zum Sün
kommen, diewiel sie der vatter nit zühet und nymmer zihen
würt. Er weyß, die ihn angehören; dise weyß er nit [vgl. Lk
13,25.27; 2Tim 2,19].
Jung.: Ist Gott nit eyn falscher richter joch [auch] auß dem,
das er jhene nit zühet und also ihnen eyn ursach der sünd
würt? Hette er dann sie krefftig gezogen, so weren sie bey
dem Sun.
Und.: Ach, meyn lieber Sun, Gott ursacht nit die sünd und
thut dem bösen nit unrecht, das er ihn schon nit zühet. Die
ursach, warumb eyner gezogen unnd der ander nit gezogen
würt, ist Gott alleyn vorbehalten. Es sindt noch geringere
ding uns verborgen, doch wissen wir, das er niemandt nichts
schuldig ist. Und hat allerley wol und recht geschaffen inn
grossem underscheydt, das ist eyn steyn und nit eyn klotz
golds und ist verordnet zu eym gepflaster under die fuss
unnd nit zum edlen trinckgescher auff den tisch, da zu das
goldt gebraucht würt. Darinn geschicht dem steyn nit un-
recht und hat sich nit gegen dem schöpffer zu beklagen, dann
er schafft und verwaltet alle ding seinem gefallen noch. Was
geht es dich an? Sihe auff, was dir befohlen ist.
Jung.: Gott tribt aber dennocht den sünder zum bösen?
Und.: Ja, warlich, dann das verhärten ist das eygenthumb
anreytzen und also des selbigen fülung durch den verfluchten
als durch eyn instrument handeln, wie in Pharaone gesche-
hen ist [vgl. Röm 9,17].
Jung.: Also ist noch ye Gott eyn ursach der sünd?
Und.: Neyn, lieber Sün, neyn. Aber des wercks ursach ist er,
dann der sünd ursach im mangel unnd lidlicheyt und nit in
der würckung gefünden würt. Doch wolt ich, das du in
wercken Gots eynfaltig und gelassen wärest und nit weiter
suchest, dann dir zür besserung dienen mag. Warum gibt
Gott dem Esel nit eyn stymm der nachtigallen? Du sprichst
bald: Es hatt ihm also gefallen, das er dem Esel eyn solliche
natur und gleichformige grobe stymm gebe, und bist wol zu
friedn, du frogest nit weiter. Nit laß dich hie irren: Das Gott
die fürgetragen gebot gibt ettlichen an zunemen und etlichen
nit an zu nemen, sondern zu verhassen und zu verfolgen, das
ist sein wil und wolgefallen.
Jung.: Das macht frevel leüt unnd die nichts guts thun wöl-
len.
Und.: Aber dich macht es demütig und forchtsam, das hoff
ich von dir. Den bösen sollen alle ding zum argen reychen.
Jung.: Ich hör etlich, die sagen also: Ich bin nit gewiß der wal
Gots. Warauß wolte ichs verstanden haben?
Und.: Den antwort also: Glaub warhafftig an Christum, so
würstu gewiß. Dann ware, du bist gesegnet oder verflücht,
das weyst du nit, all die weil du eynigen fluch bey dir befin-
dest, wie du in allen deinen wercken befinden must vor der
zukünfft Christi, dann ye nach keyn recht erkantnüß Gots in
deinem hertzen ist, darumb du besorgen must, das dein thun
alles auß dem fleysch sey. Wenn du aber durch den geyst
Christi der gnaden versichret und von forcht der sünd im
grundt entlediget bist, also das du weyßt, das sie dir nit mag
auffgerecht werden, so ist nit möglichen, das du nit habest
eyn gewissen verstandt der bestendigen wal Gottes gegen dir,
der all sein angefangnen werck auß macht unnd gewißlich
endet [vgl. Phil 1,6]. Da her kompt wore dancksagung. Du
erkennest Gott als dein höchstes gut. Des erkantnüß bringt

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