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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0236
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Straßburg

[2.] Belangend die scheydung der Ehe, darzu die nachgande Ehe

Dweil nun die Ehe erheyschet und erfordert eyn
satte14 bestendigkeyt zweyer personen, so sich inn
dem namen des Herren undj rechter andacht und
forcht Gottes zusamen verhewren und versprechen,
das sie dann auch also ir leben lang inn lieb und
leydt, trübsal und aller widerwertigkeyt bei eynan-
der fridlichen und freuntlichen leben und bleiben
und je eyns des anderen bürden tragen sollen, Deß-
halben dann zwüschen den Eheleuten die höhist ver-
eynigung sein soll, darumb sie billich auch, vor und
eh dann solichs beschicht, eyn yder, wen er zu ey-
nem Eheweib, und eyn jede, welchen sie zu eynem
Eheman nemme, betrachten und hierinn nit eilen,
sonder mit zeitlicher vorbetrachtung unnd gnug-
samen rathe handlen sollen. Und wo dann also Gott
zwey zusammen gefügt hat, die mag keyn mensch
von eynander scheyden, dann alleyn deß Ehebruchs
halben15.
Und aber zwey, so sich Ehelichen mit eynander ver-
hewren, nit meher zwey, sonder eyn fleysch und leib
sint16, So sollent auch zwey ehegmecht sich zusam-
men halten wie eyn mensch, |67v| und füro hin nie-
mandt der unsern gestattet werden, sein gemahel
wider sein unnd unser, der Oberkeyt, willen eyn
merckliche zeit zuverlassen. Deßhalben, so haben
wir gesatzt, wo fürohin eyn fraw oder man lichtver-
tigen geschäften oder kriegen, wider willen des an-
deren, seins Eegemahels, und unser, der Oberkeyt,
nochzöge, uber eyn jar ußbliebe unnd das anwesend
Eegemecht desselbigen beschwerde tragen wurde,
mag es vor unsern verordneten Eherichteren er-
scheinen, sich desselbigen beclagen, und, als ange-

verpflichtung nach außweisung H. Geschrifft, der alten
Canonum, auch Keyserlichen geschribnen Rechten hal-
ten, sprechen und urtheilen, Auch nit bald die heim-
liche Verglübtung der Kinder on irer Eltern oder Vögt
Consens krefftig erkennen, Es weren dann dermassen
umbstend und Christliche, Ehrliche und hochbewegende
ursachen vorhanden, Das die Annullation oder vernich-
tigung der Ehe den Kindern und Eltern mehr zu nach-
theil und verkleinerung dann zu vortheil und wolfart ge-
langen möcht.
j Mandat 1565: auch.

regt, seins Ehegemahels außbleiben und abwesen
mütwillig und leichtfertig beigepracht17 wurde, So
soll es derselbigen unserer verordneten Eherichter
ferrers bescheydts und bevels inn allem geleben18
und erwarten Und one derselbigen erkantnüß und
zulassung sich inn keyn andere nachgende Ehe be-
geben. Dann, wo sollichs hiewidder beschehe, die-
selbigen sollent beyderseits nach erkantnuß der ver-
ordnetenn Eherichter gestraafft werden.
Es soll auch dasjhenig, so also sein Ehegemahel ver-
lassen unnd von ime mutwilliglichen unnd leichtfer-
tiglichen hinweg gangen oder gezogen ist, wo es inn
unserer Statt und Oberkeyt ergriffen und bekom-
men19 wurt, an seinem leib, leben oder gut nach er-
kantnuß Meyster und Rathe gestraafft werden.
Zu dem hat sich auch bißher zuvil zugetragen,
Nachdem eyn Ehegemecht an dem andern brüchig
worden und vermöge unserer voriger Constitution
ergriffen und darum gestraafft worden20, daß sich
das ander theyl on erlangt eynicher Ehescheydung
inn die andere Ehe begebenn hat, Deßhalben, so
wöllent wir unnd gebieten, daß hinfürther keyner
unser burger, innwoner, hindersaß und angehüriger,
es sei man oder frawe, so inn sollichem faal erfunden
wurdt, unerlangt von unseren verordneten Eherich-
tern eynicher rechtlicher Ehescheydung oder deren
bewilligung sich inn eyn ander nachgende Ehe be-
geben oder verbinden sol oder |68r| mag. Dann wer
hiewidder handlen wurde, soll der gebüre nach unnd
erkantnuß unserer verordneten Eherichteren ge-
straafft werden.

14 Feste.
15 Mt 19,6 und 9. Siehe dazu auch die Trauordnungen von
1525 und 1526 (Nr. 3, S. 148 und 152).
16 1Mos 2,24; Mk 10,8par.
17 Bewiesen.
18 Befolgen, s. FWb 6, Sp. 719.
19 Gefangen, s. Grimm, DWb 1, Sp. 1427.
20 Der fünfte Abschnitt der „Constitution und Satzung“
(Nr. 10).

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