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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0257
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17. Kirchenordnung

zuhörer geordnet und wellen, das niemand zu der
zeit, so man prediget und singet, |C 2r| imm Münster
oder anderen kirchen gehn oder darinnen spacieren
solle, Auch, das die priester oder andere zur zeit der
predigen uff den leden ann der Münster thür ligen
oder ire thenth67 da außzurichten sich müssigen sol-
len, Damit dise stet doch soliche kurtze zeit götliche
lere- und betheüser seien und darfür gehalten wer-
den, Alles bei peen fünf Schilling pfen[nig], die man
jedem verbrecher68 abnemmen würt. Unnd damit
solichs gehalten, so solle es den sibnen und iren
knechten zu rügen und straffen bevolhen wer-
den69. Doch welcher das nit gewust hete und sich bei
seinen trewen des möcht purgieren und entschuldi-
gen, solle der straffe uberhaben seyn.
Zum dritten ist ein mißbrauch, das man, was ver-
loren würt, kinder, vihe, kleyder, gelt unnd anders,
zu end der Predig, da man das volck zum gebet und
gesang ermanet und besonder andacht pflegen soll,
verkündet. Dernhalb haben unsere Herren, ein Er-
sa. Raht, erkennet und wöllen, das, wer etwas ver-
loren, dasselbig inn zedeln verzeychnet dem Sigri-
sten imm Münster bringe, der ein taffel ann predig-
stul hencken solle und soliche hendel an denselbigen
hefften, wie man hievor deren namen, welchen man
geleütet, an ein taffel ankleybet hat. Dabei soll er
auch solicher zedel abschrifft bei im behalten, damit
jeder, der verloren oder funden hat, bei ihm be-
scheyd finden möge unnd man nit zur zeit der für-
nemisten andacht von sewen oder anderem verlieren
unnd finden handlen müsse. Doch der krancken
halb, da man das bett70 begeret, solle man der mas-
sen, wie herkommen, verkünden.
Zum vierden, Dieweil den Pfarrern unnd Kirchspyl-
pflegern eygentlich gebüret, das sie deren, die zu der
pfarr gehören, sich Christlichs namens berhümen
und getauffet seind, besonder sorg tragen und an
dem nichs underlassen, da durch zu verhoffen, das

67 Eitles Tun, Geschwätz.
68 Übertreter.
69 Gemeint ist das Siebenergericht (die sogenannten „Sie-
benzüchter“), das sich aus dem Stettmeister, sechs
Schöffen und zwei Zuschöffen zusammensetzte und für

soliche Christum, unseren Herren, in der warheit
lerneten, sich zu seinem wort und Sacrament als gli-
der seiner gemeyn mit aller andacht fügten und in
allem irem leben also beweisen, als die iren tauff und
die genad Gottes, das er sie zu seinem Sun berüffet,
auch etwar für halten, Da hat ein Ersa. Raht er-
kant: Nach dem leyder durch die vil trennungen der
Religion, so sich erhaben, eben vil leüt seind, die
weder für sich noch die iren der Predigen und Sa-
cramenten achten, Auch nit wenig, ob sie schon et-
wan predig hören, vileicht auch zum tisch des Her-
ren gohn, doch also leben, das durch sie nichts dann
der namme Gottes und das heilig Evan- |C 2v| geli
gelesteret würt, das die kirchspylpfleger gewalt
unnd bevelch haben sollen, uff die Sontag oder an-
dere tag jegliche in irer pfarr zusamen kommen, und
wa soliche leüt inn pfarren, allemal derselbigen et-
liche beschicken71 oder von ihnen verordnen, die sol-
che besonders ansprechen, wie sie das für fruchtpar
erkennen, Und, so dieselbigen von denen weren, die
sich von der gemeyn Christi gar72 sönderen, sie mit
aller senfftmüt ursach forderen, warumb sie sich
also von der gemeynschafft der kirchen abhalten
und ab der leer und Sacramenten scheuhen, die doch
die Oberkeyt und gantz gemeyne Statt für Christ-
lich erkennen unnd halten. Und so sie dessen etwas
ursachen fürwenden, das sie ihnen dann in aller
freundtlicheyt christlichen bericht thüen und sie zu
gewinnen understanden. Sehe mann dann, das soli-
che keyn besundere ursachen hetten, weren sunst so
einer kleynen forcht Gottes, sie ermanen, Gottes
mer zu achten und vor augen zu haben. Wo dann
seind, die sich wol dahyn vermögen lassen, das sie
selb predig hören und die ihren auch darzu halten
wolten, und sich aber noch nit dahyn begeben, das
sie auch zum tisch des Herren gehn wolten, die sol-
len sie also dem Herren lassen stohn, vermanen, das
sie dem wort und gebet dapffer anhangen, und Got
zü bitten, das er ihnen verleihe, sich an ihn volkum-
men zu begeben, und sie halten, wie vor zeyten die

leichtere Delilkte zuständig war. Vgl. Winckelmann,
Verfassung, S. 617 und Mariotte, Sources, S. 114f.
70 Fürbittgebet.
71 Vorladen, s. FWb 3, Sp. 1675f.
72 Völlig.

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