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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0259
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17. Kirchenordnung

cken, seytenspyl oder etwas weltlicher üpigkeyt zu
gebrauchen oder üben. Dan so diser stand so heylig
und so vil allem menschlichen geschlecht daran, das
er wol und Christlich angefangen und gehalten wer-
de, gelegen, und der kirchgang und das einsegnen je
darumb angesehen ist, das man solichen stand inn
und mit Got anzutretten und darinn zu leben geleret
werde unnd darzu genad unnd segen von Got erlan-
ge, so solle je das mit besonder ernstlicher Gots-
forcht und andacht bewysen werden, so man doch
zuvor, wa etwas erberkeyt und Gotsforcht was, ge-
beichtet und zum einsegnen alweg Meß gehöret, vor
und ehe gebettet hat. Was nun Gotselig ist, solle bey
uns so vil ernstlicher geübet werden, so vil wir uns
mehr Götlichs wissens berhümen.
Zum anderen, Es ist auch ein brauch von altem her,
das die landleüt, so inn der nehe sein, ihre Ehen inn
der stat lassen einsegnen, fürnemlich imm Münster,

als sie sagen, costen zu vermeiden, den sie dus-
sen81 halten müsten, inndem sie vil leüt darzu zu
laden nit umbgehn könden. So tregt sich aber dabei
zu, das sie ehen haben, die nit richtig seind, die man
inen dussen nit einsegnen würde, wischen also hie
hindurch82, da mann sie nit kennet, und bringet also
ergernüs. Dem zu begegnen, so sollen die diener des
worts allemal von den selben ervorderen, das sie et-
liche burger zugegen bringen zu zeügen. Ob nun
gleich wol die selben den dieneren des worts nit so
bekant, etwan auch selb nit grüntlich wissen von
sachen, mage mann die selben uff ir gefahr infüren
und inen damit darzu dienen, das sie des ehstandts
einmal gründtlich berichtet werden und uff Got ge-
wisen. Doch, so man also jemand uff ein ungewisses
wil einsegnen, solle, sovil immer möglich, mit ernst
daruff gesehen werden, das niemand ihm seines un-
rechten behilff suche. |C 4r|

[7.] Für die Kirchen uff dem land

Zum ersten, So haben die pfarrer uff dem land vil
mengel, die kirchenordnung betreffen, fürbracht,
denen nit anders oder satt83 geholffen werden mage
dann durch ein Visitation. Der halben hat ein Er-
samer Raht erkant, järlich zwen von kirchspylpfle-
geren und einen von den Predigern erwehlet und
hinauß geschickt sollen werden, ein trewe leyische
lere und ermanung zu thun zu rechtem Christlichem
leben, welches der prediger zum ernstlichsten erze-
len und daruff trewlich ermanen, wa man fehl und
mangel an leer und leben des Pfarrers oder anderer
hette, das man soliches wölle den genanten Visita-
toren getrewlich anzeygen. Zü solichem predigen
solle auch jederman, alt und jung, gebotten werden.
Unnd daruff sollen dann die Kirchenpfleger den
Schuldheyß, das gericht und pfarrer besonder be-
fragen und, so jemand etwas mangel an zu zeygen

81 Draußen, auf dem Land.
82 Durchschlüpfen, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1713.
83 Genügend.
84 Die Kirchengeschworenen waren gewählte Vertreter der

hette, verhören, Auch etwan, so sich die ursach zü-
trüge, fragen und dann zur besserung unnd nach
dem, das hie als Christlich verordnet, alles anrich-
ten, so vil inen das möglich. Was inen aber zu
schwer sein wolte, das sollen sie heryn für die ge-
meynen kirchspylpfleger und als dann, so es die not-
durfft erforderet, für einen Ersamen Raht bringen.
Zum anderen, So sollen die zwen kirchspylpfleger, so
also zu Visitieren hinauß gesandt, die rechnu[n]g der
kirchengeschworen84 besehen, wie solich güt gebrau-
chet würt, und auch verschaffen, das es Christlich,
das ist, uff die armen, gewendet werde. Und so man
zuvor auß solichem gut so vil kosten hat müssen
haben mit Meß- und gesangbücheren, darnach kir-
chengezierd, kertzen und der gleichen, So sollen dar-
auß zu allen pfarren uff dem land etliche notwendige

Gemeinde, die zusammen mit dem Pfarrer das Vermögen
der Gemeinde verwalteten. Zu ihren Aufgaben gehörten
die Erhebung von Einnahmen und die Genehmigung von
Ausgaben. Vgl. DRW 7, Sp. 868f.

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