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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0403
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

weyden sollen, welche er durch sein eygen blut er-
worben hat. Derhalb wol von nöten, das wir solch
unser ambt fleyßig bedencken und mit allem, was
uns möglich, dahin arbeyten, das durch reyne, ge-
sunde lehr und gottseligs leben den leuten gerathen
und geholffen werde. So aber yemandt in solchem
unfleissig sein, mit dem studirn nit anhalten, dem
geytz und zeitlichen obligen oder sonst in ander weg
der kirche wolte ergerlich sein, der muß des urteils
gewarten, welches uber die gehen wirdt, so den theu-

ren schatz, das blut |52| Christi Jesu, und was er da-
mit erworben hat, unehren. Wir wöllen aber Gott,
den vatter aller barmhertzigkeit, bitten, das er uns
alle durch den heiligen geyst, welchen uns sein son
Christus Jesus erworben hat, so regirn unnd füren
wölle, auff das durch unsern dienst niemandt ge-
ergert, sonnder yederman gebessert, unnd also Got-
tes name geheyliget und sein reich gemeret und sein
will bey uns auff erden wie im hymmel ge-
schehe93, und wir alle selig werden, Amen. |53|

[II.] Vonn dem heiligen tauff etc.

Dieweil der h. tauff ist das sacrament der widerge-
burt, durch welches wir Christo, unserm herrenn,
eingeleibet, inn seinem todt begrabenn unnd, mit
ihm bekleidet, kinder unnd erben Gottes wer-
den94, so solle auch solches sacrament vor den
gleubigen mit besonnderem ernst unnd höchster
anndacht gehallten werden. Und damit alles, so zu
gottseligem reichen unnd empfahenn diß h. sacra-
ment erfordert, mit geburendem vleyß, ernst unnd
andacht verhanndlet werde und angenommen, so
sollendt die leuth, denen Gott kindern beschert, sol-
ches bey guter zeit ihrem pfarrherrn annzeigen und
bey ihm den h. tauff von der kirchenn Christi mit
christlicher demut ihren kindern begeren und dar-
umb bitten, auch dabey die gevattern und göt-
tel95, so sie |54| erbettenn wöllen, ihre kinder auß der
tauff zu haben96, anzuzeigen und vermeldenn, auff
das, wo etwas fäle und mangels an den eltern oder
gevattern97 wäre, derhalben sie bey dießem h. sa-
crament nit dan ihnen selb zum gericht und der kir-
chen zur ergernuß sein möchten, das sie durch den
pfarrhern gebessert oder von dem beystandt deß
h. tauffs abgewißen werdenn. Dan sich am leib unnd
todt Christi die gleich so woll schuldig machen, die
bey diesem h. sacrament unwurdiglich sein unnd es
ihren kindern nit ihn rechtem glauben an Christum

j Korr. aus: nit.
93 Vgl. Mt 6,9-10.
94 Vgl. Röm 6,3-4 und 8,17.
95 Paten und Patinnen, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 155 und 247.

begeren und empfahen, als die den leib unnd den
kelch deß herren unwurdiglich hanndlen unnd nie-
ßen98, das ist, nit nach der ordenung deß herren und
ihn warer rhew der sunden und glauben an Chri-
stum.
Darumb, wo denn pfarrhern in dießem tauffbegeren
leut zukhommen, es seyen die eltern der kinder oder
die gevattern, die |55| inn offentlichen bennigen99
lastern liegen, die sollen sie mit allem ernst zurj buo-
ße und besserung vermanen und heissen dißmal bey
dem heil. tauff nit erscheinen zu verheytung100 ver-
achtung deß h. sacraments und ergernuß der kir-
chen, auch daß schwere gericht Gottes an ihnen
selbs, als die durch solche laster vom reich Gotteß
abgeschnitten und der h. sacrament gemeinschafft
nit haben kindenn.
Unnd so die eltern ihn solchem mangel erfunden
werdenn, sollen sie andre erbetten, als ihre ver-
wanndten oder andere gutte freundt, die vor Gott
selig mögen erkant werdenn, welche den tauff ihren
kindern an ihre statt begeren unnd entpfahen. Ist
dan der fele an den gevattern, so sollen die eltern an
statt derselbigen anndere recht christliche gevattern
erbettenn.

96 Zu haben im Sinne von „heben“ s. FWb 7, Sp. 799.
97 Gevatter ist hier für Paten (männlich und weiblich) ge-
braucht.
98 Vgl. 1Kor 11,27.29.
99 Mit dem Kirchenbann belegten, s. FWb 2, Sp. 1903f.
100 Verhütung (der).

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