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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0405
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

alle sunder gestorben, wölle selig machen. Solche
furbitt wüssen wir, das Gott nit al-|60| lein von uns
fordern, sonder wille uns auch gefallen lassen und
erhören, wie das exempel außweißen von dem gücht-
brüchtigen, Math. 9. capit. [1-8], dan da sagt der
evangelist mit klaren worten: Der herre sahe ihren
glauben und sprach zu dem güchtbrüchtigen: Sey
getröst, mein son, deine sund seindt dir verge-
benn106 etc.
Forma des kindertauffs, wie der uff die Sontag
und sonst zu anderer zeit, so kinder
in die kirchen gebracht, solle gehalltenn werden
Zum ersten. Wan die kinder und jederman bey dem
tauffe zugegen ist, solle der kirchendiener also an-
fahen zu reden:
Ir liebsten im herren, dieweil ir dieses ewer kind-
lin (diese ewre kindlink) hieher inn die gemein Got-
tes gebracht haben, das es (sie), wie ir dan begeret,
durch den heiligen tauff unßerm heyland Jehsu
Christo und seiner heiligen christlichen kirchen ein-
geleibet |61| werde (werden), so hörendt das evan-
gelium Christi von der insatzung und befelch deß
heiligenn tauffs, wie die von den evangelisten Mat-
hei am 28. [18-20] unnd Marci am 16. capitel [15-16]
beschrieben wurdt:
Der herr Jesus spricht zu seinen jüngern also:
Mir ist gegeben aller gwalt inn himmel unnd uff er-
den. Darumb gehn hin inn alle wellt und predigen
das evangelium allen creaturen und machen mir zu
jungern alle völcker unnd teuffen sie in dem nam-
men Gottes vatters und des suns und des heiligen
geysts unnd lehren sie hallten alles, was ich uch be-
volhen habe. Wer da glaubet und getaufft wirt, der
wurt selig werdenn. Wer aber nit glaubett, der wurt
verdammet werden. Und siehe, ich bin bey uch aller
tag biß an der wellt ende107.

k Die hier in Klammern angegebenen Formen für mehrere
zu taufende Kinder sind in der Hs. jeweils am Rand ver-
zeichnet.
106 Mt 9,2.

Noch verlesung des evangelii solle dan der diener
weiter also sprechenn: |62|
Wolan, lieben freunde in Christo, wir hören alle
tag uß Gottes wort, erfarens auch bede an unserem
leben und sterbenn, das wir von Adam her allesampt
in sunden entpfangen und geboren werden108, darin-
nen wir dan under Gottes zorn inn ewigkheit ver-
dampt und verloren sein müssen, wa uns nit durch
den eingebornen Gottes sun, unsern lieben herren
Jhesum Christum, darauß geholffen were. Dieweil
dann diß gegenwertig (diese gegenwertige) kindlin
in seiner (irer) natur mit gleichen sunden, inn ma-
ßen wie wir auch, vergifftet und verunreiniget ist
(sind), derhalben es (sie) auch des ewigen todts und
verdamnuß sein und bleiben mußte, unnd aber
Gott, der vatter aller genad und barmhertzigkheit,
seinen son Christum der gantzen wellt, und gleich
wie den alten also auch den kindlin, verheißen unnd
gesandt hatt, welcher auch der gantzen welt sunde
getragen109 und die armen kindlin nicht weniger,
sonnder gleich so wol als die allten von sunden, todt
und verdamnuß erlößt und selig gemacht hatt unnd
bevolhen, |63| man solle sie zu ihm bringen, das sie
gesegnet werden, die er auch uff das allergenedig-
lichst annimpt unnd ihnen das himelreich und das
ewig leben zusagt und verheißt110, derhalben so wöl-
let auß christlicher lieb dieses gegenwertigen (diser
gegenwertigen) kindlins gegen Gott euch mit ernst
auch annemmen, daßelbig (dieselbigen) dem herren
Christo furtragen, umb vergebung der sunden und
das es (sie) ins reich der gnaden und seligkheit auch
uffgenommen werden möge (mögen), bitten helffen,
onngezweifelter zuversicht, unßer lieber herre Chri-
stus werde solches ewer werck der liebe, gegen dem
armen kindlin erzeiget, inn allen genaden von euch
annemmen und ewer gebett auch gewüßlich erhören,
seitenmal er die kindlin zu ihm zubringen selbs be-
volhen unnd sie in sein reich uffzunemmen verhei-
ßen hatt. Derhalben lasset uns von hertzen mittein-
ander also betten etc.:

107 Es wird hier der Text aus Mt 28 zitiert.
108 Vgl. Ps 51,7.
109 Vgl. Joh 1,29.
110 Vgl. Mk 10,13-16par.

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